Wie soll ich Ballengang lernen?


oder: Der richtige Schuh wird’s schon richten …

Ballengang_Heisel_Strand1Lieber Leser,

diese Frage höre oder lese ich gerade in letzter Zeit immer häufiger.
Noch vor wenigen Jahren war der Ballengang wirklich sehr speziell und weitgehend unbekannt. Nun hat sich ein regelrechter Trend entwickelt, an seinem Gehen etwas ändern zu wollen. Mit verantwortlich ist auch der wachsende Markt der Barfußschuhe, weil diese als „gesund“ gelten, aber ohne körperliche Umstellung nicht wirklich bequem sind, bzw. sogar bestehende Probleme verstärken können.
Die hauchdünne Sohle sowie fehlende Fersenerhöhung lassen eine künstliche Dämpfung vermissen.
So wird dem frischen Barfußschuhträger das entsprechende unphysiologische Fersenaufschlagen oft ebenso bewusst wie ein Überlastungsgefühl im vorderen Fußbereich.
Durch das starke Interesse an dem Produkt (Schuh) hat sich etwas Wesentliches in unserer Branche verändert, was sich auch in der Art und Weise des Coachings zwangsläufig niederschlägt:

Bevor es die heutigen Schuhprodukte gab, die ein natürliches, nicht unterstütztes Gehen fordern, stellte sich folgende Situation dar:
Menschen mit hohem Körperbewusstsein und gleichzeitig großer Offenheit gegenüber Veränderungen von Konventionen begannen, sich verstärkt auf ihre Intuition und ihr angeborenes Körpergefühl einzulassen.
Es gab weder Literatur noch Produkte noch Anleitungen oder gar Coaches oder Seminare für natürliches Bewegen/ Gehen.
(Wenn, dann gab/ gibt es traditionelle Lehren, die dieses Thema eher stilisieren oder am Rande angehen, wie z. B. Yoga, innere Kampfkünste oder Eurythmie)

Vielmehr existiert(e) „lediglich“ ein Gefühl von Harmonie beim Bewegen im „Ballengang“, mehr Dynamik, Leichtigkeit, innere Freiheit, Gewandtheit, …

Bei mir persönlich startete sogar ein ganz neues Lebensgefühl, weil das Ablegen eines so tief verwurzelten Bewegungsmusters wie das alltägliche Gehen mir ermöglichte, ALLE Bewegungen und Haltungen in jedem Bereich wesentlich zu verbessern. 
(Mit dazu half wesentlich eine intensive Neuordnung meiner Faszienstruktur durch gute Faszientherapeuten)

Das einzige Problem zeigte sich (wie heute), dass es quasi kaum Schuhe gab, die sich mit bereits erarbeitetem Körpergefühl vereinbaren ließen. Unter Insidern empfahl man sich als „zivilisierten“ Schuh gern die leichten Modelle der Marke „Bär“ mit Nullabsatz und Zehenfreiheit. Erst später wuchs die neue Barfußschuh-Branche aus dem Laufsport heraus.

Der Vorfuß-(Barfuß)-Laufstil etablierte sich damit mehr und schuf auch Probleme. Viele Läufer begannen, sich diesen Laufstil anzueignen und bedachten dabei nicht, dass ihr Körper, insbesondere die Füße damit erst mal strukturell überfordert waren. Es häuften sich, Verletzungen, oft Ermüdungsbrüche im Mittelfuß, weil das Bindegewebe (die Faszien) viel zu schnell überlastet wurde.
Dennoch setzte sich der Barfußschuh-Trend bis heute fort, da es andererseits ja mehr als augenscheinlich ist, dass barfuß die natürlichste und letztlich gesündeste Art ist sich fortzubewegen.
Und genau in dieser Situation befinden wir uns heute:
Anstatt dass zuerst der Impuls da ist, sich natürlich zu bewegen (was ja auch mehr als das Gehen betrifft) haben wir heute in der Mehrheit ein PRODUKT als Startpunkt: den „Barfußschuh“.
Nur ändert sich durch das Tragen anderer Schuhe oder das Umsteigen auf häufiges Barfußgehen leider noch nicht das Körpergefühl. Also ändert sich auch nicht zwingend die Bewegungsqualität.
Und mit Sicherheit verbessert sich dadurch erstmal die Körperstruktur nicht die Bohne…
Was eher passieren kann (und tatsächlich häufig beklagt wird) sind Verschlimmerungen bestehender Probleme (z. B. Spreizfuß, Hallux Valgus, Rücken-, Kniebeschwerden), da die fehlende Dämpfung, kombiniert mit dem Versuch, nur anders aufzutreten, weitere Fehlbelastungen hervorrufen. Weder ist das Fußgewölbe für die neue, intensivere Belastung genügend ausgebildet, noch sind Knie, Hüfte, Wirbelsäule, Rücken, Bauch und Schultern geschmeidig genug, um wirklich als Ganzes richtig federnd und aufrichtend zu funktionieren. Genau diese veränderte Situation kann ich als Bewegungscoach immer häufiger beobachten. Während vor dem Schuh-Boom noch viele an sich bewegungsbewusste Menschen nach Feinschliff in der Bewegung und/oder nach einem Körpertuning in Form von Faszientherapie fragten, stehen inzwischen viele frischgebackene Barfußschuhträger ohne entsprechendes Körpergefühl in Seminaren oder Einzelcoachings.

Noch ein weiterer Punkt kommt hinzu, der aber mehr unserer industriellen bzw. mechanistischen Denkweise zuzuschreiben ist. Wir sind es gewohnt, seit wir die Schulbank drücken, dass wir Musterlösungen vorgesetzt bekommen, die es bei geringstmöglicher Toleranz zu KOPIEREN gilt. Die Welt wird nicht mehr selbst entdeckt, sondern uns meist ohne Lebensrelevanz synthetisch vorgesetzt. Wir sitzen fast nur noch da und lassen uns passiv von der „Wahrheit“ aus zweiter oder dritter Hand berieseln. Und wer diese „Wahrheit“ am exaktesten kopiert, enthält die bessere Bewertung durch andere Menschen.
Eigene Erfindungen oder Gedanken sind fast ebenso sehr gefürchtet wie Kreativität oder – am Schlimmsten- Fehler …?
Damit geht uns etwas sehr Wichtiges und Wesentliches verloren: Unsere Neugier und das Vertrauen in die Fähigkeit zu eigenen Empfindungen und eigener Intuition. Was uns ja eigentlich von Geburt an mitgegeben ist. Und das betrifft auch unser Körpergefühl und die Art und Weise, wie wir glauben, Bewegungen lernen zu müssen. Es wird nämlich erwartet, dass exakt zu kopierende Übungen, die regelmäßig durchzuführen sind, tiefgreifende Verbesserungen hervorrufen sollen.

Was bedeutet das für den Ballengang und das Wiedererlernen natürlicher Bewegungen?
Um überhaupt auch nur im Entferntesten auf die Idee zu kommen, etwas an seinem Gang zu ändern, bedarf es eines AUSLÖSERS. Auf meinen Seminaren frage ich immer nach, worin der Grund des Besuchs liegt, woher das Interesse am Ballengang überhaupt rührt. Und wie eingangs schon beschieben, wandelt sich dieser Auslöser mehr und mehr auf das Produkt „Barfußschuh“ und dessen richtigen Gebrauch. Während früher noch – rein mental schon – die Frage nach dem richtigen Gebrauch des eigenen KÖRPERS im Vordergrund stand.
An dieser Stelle möchte ich deshalb für alle, die bis hierher mitgelesen haben (und nur für jene macht der weitere Text Sinn) wieder erinnern, wie wir alle zu unseren natürlichen Bewegungen überhaupt gekommen sind.

Als Kleinkind waren wir ständig folgende Dinge am Tun:

– spielen

– neugierig sein -> beobachten

– Fehler machen, hinfallen, weiter probieren

– fühlen (statt denken!) -> dem „Instinkt“ folgen
Mit diesen Tätigkeiten und Qualitäten lernten wir leicht und ganz von selbst Folgendes:
# krabbeln

# drehen

# perfekt aufrichten

# perfekt hocken

# perfekt sitzen

# perfekt stehen

# hüpfen

# klettern

# bauen

# malen und zeichnen

# singen
(Ergänzen Sie gerne …)

Dabei findet außer bei Sprache und zum Teil beim Gehen alles rein aus eigenem Antrieb ohne direkte Nachahmung statt. Wir sind quasi perfekt ausgestattet und erreichen ohne Coach, ohne Sportlehrer und Physiotherapeuten die wichtigsten Basis-Skills des Menschseins.
Leider geht sehr vieles davon in dem Moment verloren, wenn es damit anfängt, dass man uns Dinge vorsetzt, die nicht selbst ausprobiert werden konnten. Und wenn wir von einem Tag auf den nächsten mit sechs Jahren für fünf Stunden täglich an einen Stuhl gefesselt sind und einen kleinen Stift an die Hand gebunden bekommen, der dann „richtig abkopieren“ soll. Selbst das Bewegen des Körpers (Sportunterricht) folgt von nun an Kategorien wie „richtig“ und „falsch“ und steht plötzlich in Relation zu den Leistungen anderer. Es geht also nicht mehr darum, sich selbst zu erfahren, sondern von sich abzusehen und den Vergleich zu anderen zu betrachten und dazu noch von Dritten beurteilt zu werden. So wird die noch vorhandene Intuition sukzessive zugunsten eines reflektierten „es anderen Recht tun“ abgebaut.

Liebe Leser, sollten Sie Interesse an Ihrem persönlichen natürlichen (also auch leichten und mühelosen) Gehen haben, dann sind Sie gut beraten, sich NICHT an jenes von außen gesteuertes „Anleitungslernen“ zu halten, sondern sich genau davon wieder zu lösen und das spielerische Entdecken, Probieren und Fehler machen wieder zu wagen! Je leerer Ihr Kopf dabei ist, desto größer die Chance, sich selbst nah zu kommen. Und umso erfolgreicher finden Sie auch Ihren „Ballengang“.
Lassen Sie also Ihr Gehen von gar keiner Schuhmode oder gar Ideologie oder einem Zeitgeist bestimmen. (Ja, auch und gerade Ideologien geben willkürlich vor, was für alle Menschen oder eine Gruppe davon „richtig“ sein soll – meist aber mit dem Hinweis, wie „falsch“ oder gar „dumm“ doch andere sind, um sich selbst im Wert ihres Tuns zu erhöhen).

Nein – Finden Sie es doch selbst für sich heraus, was auch immer Sie dazu gebracht hat, überhaupt darüber nachzudenken! In dem Fall sind auch Schuhe ganz toll, wenn sie zur Reflexion anregen und Menschen dazu bringt, sich die Sache mit dem eigenen Körper doch mal genauer anzusehen.

Daher mein Vorschlag an alle Ballenganganfänger oder jene, die im Moment an der „exakten Ausführung“ scheitern:

Stellen Sie sich (am besten barfuß) so hin, wie Sie sich am Ausgewogensten fühlen und wippen Sie auf der Stelle. Mit so vielen Gelenken wie möglich. Jeden Tag, wenn Sie möchten, und sei es nur eine Minute oder weniger.

Ich verspreche Ihnen: Irgendwann macht es „Klick“ und Sie wollen unbedingt wissen, wie denn der erste Schritt nach vorne wirklich funktioniert ….

Viel Spaß am Entdecken!

Mit herzlichem Gruß

Stefan_Heisel_Bodymotic
Ihr Stefan Heisel

 

PS: Neue Seminare in 2018:

http://seminare.ballengang.de 

Ballengang mit Absatz?


Oder: wie passe ich meinen Gang an robuste Winter- oder Schutzschuhe an?

Liebe Leser,

die kalte Jahreszeit hat begonnen und so fragen sich nicht gerade wenige Menschen, welche Schuhe denn den besten Kompromiss zwischen Schutz und Bewegungsspielraum bieten.
Schließlich soll das im Sommer erworbene natürliche Barfußgefühl bzw. Körpergefühl nicht wieder mit zu klobigen Winterschuhen zerstört werden. Schon gar nicht durch Schuhe mit Absatz, sei er auch noch so flach.
Zwar hat auch die Barfußschuhindustrie begonnen, auf solche Bedürfnisse einzugehen und produziert immer ausgeklügeltere Modelle mit Nullabsatz, Zehenfreiheit, extrem dünner Sohle, Fütterung und extrem weichem Schaft bis über die Knöchel. Trotzdem ist das Angebot an solchen Schuhen noch dünn gesät, so dass längst nicht jeder Ballengänger im Winter zufrieden sein kann. Entweder ist die Auswahl an Design und Passform (noch) zu gering oder die Schutzfunktion ist nicht ausreichend.
Zum letzten Punkt bin ich selbst beispielführend:

Film ab:

Ballengang_in_Winterschuhen
Kann man in Winterschuhen „richtig“ gehen?

 

Als leidenschaftlicher Motorradfahrer kann ich nur in Ausnahmefällen auf eigenes Risiko leichte Schuhe ohne Absatz tragen. Im Regelfall nutze ich feste Halbstiefel mit Absatz. (Wegen der Fußrasten) Nun, in den meisten Fällen macht es keinen Sinn, mit zwei Paar Schuhen unterwegs zu sein. Vielmehr ist Anpassung an die Umstände (hier Schuhe) angesagt.
Damit das gelingt, schauen wir uns an, welche Kriterien für wirklich robuste Winterschuhe oder auch Arbeitsschuhe noch erfüllt werden müssen.

– Zehenfreiheit: unbedingt!

Um physiologische Fußfunktionen bei jeglichem Gehen nutzen zu können, sollten die Zehen im geschlossenen Schuh mühelos gespreizt werden können.

-flexible Sohle: unbedingt!
Die Zehengrundgelenke im Bereich des Ballens/ Quergewölbes müssen bewegt werden können, da der Fuß ansonsten komplett passiv gehalten wird.

– dünne Sohle: nicht unbedingt!
Zum Schutz vor Kälte oder Hitze wir oftmals ein dickeres Material benötigt.
Zusammen mit evtl. Einlegesohlen verliert der Fuß somit Kontakt zum tatsächlichen Boden. Dies trifft aber grundsätzlich auf alle Schuhe zu, sogar auf Barfußschuhe! Solange der Fuß am Sprunggelenk und Zehengrundgelenk beweglich bleibt, kann eine gewisse Sohlendicke für eine überschaubare Zeit in Kauf genommen werden. Ansonsten gilt speziell für die haptische Stimulation beim Gehen: barfuß, barfuß, barfuß + abwechslungsreiche Böden!

– Gewicht:
Hier gilt das einfach: Solange der gewünschte Schutz gewährleistet ist, sollte das leichteste Modell gewählt werden. Denn: Je leichter der Schuh, desto natürlicher und automatischer findet die Landung unter dem Körperschwerpunkt statt.

– Absatzhöhe:

Kann als FORTGESCHRITTENER (im Sinne eines gut ausgeprägten intuitiven Körpergefühls) bis ca. 1,5 cm unter bestimmten Bedingungen kompensiert werden.
Aber: Eine Erhöhung der Ferse verursacht immer eine einseitige Verlagerung der Körperstatik mit Auswirkung Beckenposition, Wirbelsäule, Schultergürtel und Kopf. Ebenso wird der Vorfuß PASSIV stärker belastet.
Das gilt aber nur, wenn die Ferse dabei stützend belastet wird. Also beim Stehen und beim „klassischen“ Fersengang. Wenn wir dagegen in Bewegung sind und unsere Faszienkette über die korrekte Kraftlinie nutzen, kann ein geringer Absatz zeitweise gut kompensiert werden. Schließlich wird er dann so gut wie nicht benutzt.

Allerdings hat das Anpassen der Gangart an leichte Absätze auch einen Nachteil: Wenn man die Ferse weniger einsetzt als im absatzfreien Zustand, entsteht auf längeren Wegen trotz Ballengangroutine eine zeitweise strukturelle und muskuläre Überanstrengung. Deshalb hat es der Anfänger umso schwerer, mit dieser Bewegungskompensation als ein Fortgeschrittener.


Fazit:

Für die kalte Jahreszeit empfehlen sich auf jeden Fall Schuhe aus dem neuen Markt „Barfußschuhe“ oder „Minimalschuhe“. Wenn Sie mehr Schutz brauchen, bspw. bei Schnee und Eis, auf dem Arbeitsplatz, beim Motorradfahren etc. kann man zeitweise auf die extradünne Sohle und den Nullabsatz verzichten.
Eine flexible Sohle, einen beweglichen Knöchelbereich und Zehenfreiheit sind dagegen für Bewegungsabläufe unverzichtbar!

Ich wünsche eine immerzu gut bewegte kalte Jahreszeit!

Herzliche Grüße,

Stefan Heisel

 

Ballengang „extrem“ in Anwendung


Oder: Hochgebirgstouren mit oder ohne Schuhe?

 

Ballengang_HochgebirgeHallo liebe Leser,

wenn Sie auf dieser Seite landen, haben Sie sich sicherlich schon Gedanken über Ihr Gehen gemacht oder sind neugierig darauf, welche Erkenntnisse oder Erlebnisse andere vorweisen können.

Sie kennen sich bereits mit Ballengang aus? Sie möchten ihn (endlich) selbst ausprobieren? Sie fragen sich, welche Rolle das richtige Schuhwerk dabei spielt? Dann lesen Sie jetzt diesen ausführlichen Erlebnisbericht aus meinem Alpenurlaub in den Sommerferien.

 1. Die Wahl der Schuhe

 

Wanderschuhe
Muss man solche Schuhe tragen?

Wer sich mit natürlichem Gehen beschäftigt hat, weiß, dass Schuhe mit Absatz, fester Sohle und Knöchelschaft nicht gerade optimal sind, um den ganzen Körper, insbesondere den Fuß beim Gehen adäquat einzusetzen. Gerade jene Wanderschuhe, die ja für Bergwandern eindringlich empfohlen werden, machen den Eindruck von „Panzerschuhen“ und packen Fuß samt Knöchel derart ein, dass weder Bewegung noch irgendeine Wahrnehmung unterhalb der Wade noch möglich scheinen.

Sicherlich ist der Fuß dabei vor Verletzung, Kälte und Nässe geschützt, für den Fall der Fälle, andererseits geht ja so eine Bergwanderung in der Regel über viele Stunden (z.B. von Hütte zu Hütte). Die Frage ist, wie viel Schutz überhaupt wirklich nötig ist und wie lange man sich einen derartigen Panzer um den Fuß überhaupt täglich zumuten möchte.

 

Nach meiner Erfahrung und der meiner Klienten passt sich der Körper innerhalb vieler Jahre an seine Umgebung und seinen Gebrauch an (also Ihr Körper formt sich so, wie SIE ihn durch Ihre Aktivität oder Nichtaktivität zum Formen zwingen). Deshalb bekommen beispielsweise viele Frauen, die intensiv „stöckeln“ nach Jahren tatsächlich Achillessehnenprobleme beim schieren Barfußgehen oder in flachen Schuhen, oder Ihre hinten stark verkürzte Gesamtstruktur, die auf hohen Absatz optimiert ist, fällt barfuß merklich zusammen. Die inaktive Druckbelastung einseitig auf dem Vorfuß, kombiniert mit engem Zehenbereich ist ebenso eine perfekte Voraussetzung für jene, die an der Ausbildung eines Hallux Valgus interessiert sind..
Aus gleichem Grund fühlt sich ein ungestützer Fuß beim Wandern ohne „festes Schuhwerk“ deutlich instabiler und verletzungsanfälliger an als mit entsprechendem „Fußbett“ und Knöchelstütze – insbesondere, wenn es vom Gelände her ein wenig anspruchsvoller wird

Er ist es auch. Aber nicht weil er nicht anders könnte, sondern, weil er durch Ruhigstellung gar keine Chance hat, sich so zu entwickeln und zu stabilisieren, wie er es von Natur aus locker könnte!

 

Soviel kurz zur Theorie. Mich hat nun näher interessiert, wie ein im Flachland gut trainierter Körper und insbesondere seine Füße sich zumindest bei annehmbarem Wetter im Hochgebirgigen Gelände so anschicken. Also musste zunächst mal sehr „sparsames“ Schuhwerk bei den ersten Touren herhalten, die so wenig wie möglich in die Fußfunktion eingreifen, dabei aber einen Schutz vor Kälte in den höheren Regionen ermöglichen.

 

Sie können auf diesem netten Hüttenfoto gerne selbst herausfinden, welches Paar Schuhe denn wohl von mir bei den Touren favorisiert wurde… 😉

 

Welche Schuhe testen wir denn?
Welche Schuhe testen wir denn?

 

Meine Routen ersteckten sich in einem recht überschaubaren Bereich im südlichsten deutschen Tal im Allgäu.

 

Wie also funktionierte das Gehen im Ballengang in solchem Gelände und wie schnitten die Schuhe, die ich benutzte bei alldem ab?

2. Zum Gehen selbst:

Anders als im Flachland oder leicht hügeligen Land der Mittelgebirge sind hier so gut wie permanent teil erhebliche Steigungen und Gefälle zurückzulegen. Und das über viele Stunden am Stück. Für die Muskulatur bedeutet das eine ganz andere Beanspruchung. Muskelkater ist mehr oder weniger vorprogrammiert. Die Frage ist, WO er sich bemerkbar macht. Für mich kann ich sagen, dass durch die sehr dünne Besohlung das Fußgewölbe (dessen Muskeln ja hauptsächlich im Unterschenkel liegen) sehr viel zu tun hatte. Jeder Stein (und es gab kaum Schritte ohne Auftreten auf kleine oder größere Steine oder Wurzeln) bewirkte eine „anschmiegende“ Bewegung im Fuß. Die Landung und das Abstoßen war also schon mal mit einer erhöhnten Aktivität im Unterschenkel verbunden. Dazu kommt, dass hier überhaupt kein Schritt mehr ohne Vorfußaktivität möglich war. Ein Landen auf der Ferse (beispielsweise durch einen etwas größeren Schritt) bedeutete gleich ein erhöhtes Risiko abzurutschen oder sogar wegzuknicken. Ballenarbeit war also absolut obligatorisch. Dieser Dauerarbeit entsprechend sahen dann auch meine Waden nach dem ersten Tag aus …

Nach 6 Stunden Gebirge
Nach 6 Stunden Gebirge

Zu meiner eigenen Überraschung waren auch die Waden die einzigste Muskelgruppe, die sich bei dem ganzen 6-stündigen Auf- und Abstieg in 1000 Höhenmetern bemerkbar machten. Weder Gesäß noch Rücken oder Oberschenkel fühlten sich (wie nämlich früher ohne Ballengang gerade nach dem ersten Tag) überlastet oder strapaziert an. Mit den Waden konnte ich mir glücklicherweise durch einen spezielle Massagekniff auch recht gut selbst helfen (dazu aber in einem separaten Bericht über Faszien und deren Beeinflussung mehr)

Die nächste Frage lautet:

3. Die Belastung der Gelenke beim Abstieg.

Dadurch dass ja auch beim Abstieg ein Großteil der Fallbewegung über den Vorfuß/ Sprunggelenk aber auch durch sehr feine Ausgleichbewegungen im Fußgewölbe bereits im Unterschenkel abgefangen wird (im Ballengang wohlgemerkt und auch nur bei entsprechend leichtem Schuhwerk), mussten die Knie und die Hüften nur noch wenig „Federarbeit“ leisten. Überhaupt kamen Knie und Hüfte genau dann verstärkt zum Einsatz, wenn sehr große Stufen überbrückt werden mussten oder wenn es mal zu einem kleinen Stolperer oder Ausrutscher kam. Im Gebirge kommen solche Stolperer tatsächlich auffallend oft vor, worauf ich weiter unten noch eingehen werde.

Als Ergebnis kann ich hier betonen, dass –abgesehen von der muskulären Mehrarbeit der Unterschenkel- auch hier keinerlei Überlastungen der Knie, Hüften oder der Wirbelsäule zu spüren waren. Auch nach mehreren Tagen nicht.

4. Was war aber mit den Schuhen los? 

 

Schließlich ging es über scharfkantige Felsen (wobei die Alpen gegenüber den Felsen in Kroatien sehr mild sind), über nasses Gestein, über kleine Wasserquellen und auch über feuchtes hohes Gras….

Vom reinen Gehen her muss ich sagen: TOP! Es gab nicht das geringste Problem im Geröll, bei Klettersteigen, bei groben Felsen oder dicken einzelnen Wurzel. Im Gegenteil sogar: Das Profil meiner Schuhe schaut ein wenig lustig aus, erwies sich aber trotz der Weichheit (oder auch wegen!) den Schuhen meiner Mitwanderer mindestens ebenbürtig bis sogar überlegen bei sehr rutschigen Stellen. Der Vorteil der weichen dünnen Sohle (wenn sie wie hier dennoch völlig „stich- und schnittsicher“ ist) liegt darin, dass man sehr schnell schon beim Auftreten bemerkt, wie der Untergrund grob beschaffen ist und vor Allem wie griffig er sich beim ersten kleinen Belasten zeigt. So konnte ich schnell und sicher geeignete Stellen zum Überqueren von glatten Passagen finden. Wenn der Fels sehr schräg war, war es einfach, mich – anders als Wanderer mit ganz fester Sohle – leicht an die Schräge anzupassen und auch in einer flotten, fast schon kletternden Art und Weise über einzelne Felsen vorzuarbeiten.

Wenn es sehr steil nach oben ging (aber dennoch begehbar), ertappte ich mich dabei sogar, tendenziell mit den Fußballen in leichte Hocke zu gehen und auch schnell die Hände zum Aufstieg zu benutzen. Das fühlte sich recht effizient und leicht an.

Dieses „minimale“ Schuhwerk hat aber auch natürlich seine Grenzen: Sobald es wirklich nass wurde, drang durch das Leder und die Sohlennaht recht schnell Wasser ein. Dadurch bekam ich bei einer der Touren nasse und kalte Füße und hätte strenggenommen gleich barfuß weitergehen sollen. Aber dazu unten noch mehr 😉

5. Barfuß!

 

An einem der letzten Tage –es stand eine recht lange Tour an- waren die Außentemperaturen bei sonnigem Wetter sagen wir mal „sehr angenehm“. Für mich ein Anlass, die Schuhe nun ganz wegzulassen und mich so lange wie möglich barfuß an die Aufstiege und Höhenwege dranzumachen. Da meine Fußsohlen grundsätzlich an Barfußgehen auf jeglichem flachem Gelände gewöhnt sind, stellte sich jetzt die Frage, wie es sich anfühlt, über wirkliche Felsen zu gehen. Um es vorwegzunehem: Ja, DAS GEHT!

ballengang_gebirge_barfuss
Barfuss im Gebirge

Ich konnte mich drei Stunden nach oben und über den Höhenweg „arbeiten“ und dennoch die schöne Aussicht genießen. Die ständige Konzentration auf den jeweils nächsten Schritt, das ständige Abschätzen und Ausgleichen von oft sehr spitzen und scharfen Kanten erforderte soviel Energie, dass nach besagten drei Stunden die Aufmerksamkeit allmählich nachließ. Und so passierte etwas sehr Kleines aber dennoch Folgenreiches: An einem der unzähligen Überquerungen eines einzelnen kniehohen Felsens stieß ich mir bei nachziehen des Fußes den vierten Zeh an einem vorstehen Stück Fels an. Es war nur ganz leicht aber genügte, um ein „Knacken“ ertönen zu lassen und den berühmten Schmerz erfahren zu lassen, den jeder kennt, der mal nachts barfuß in der Wohnung gegen eine Schrankkante getreten ist …. Nun, es waren noch etwa 3-4 Stunden Weg vor mir und obwohl meine Gangart schmerztechnisch nun leicht hinkend so fortgeführt werden konnte, entschloss ich mich (klugerweise) meine mitgenommenen leichten Schuhe lieber wieder anzuziehen und zumindest mit einer sichtlichen Erleichterung weiter zu gehen.

Der Zeh wurde im Schuh zwar nicht besser, aber ich konnte ohne weitere solcher Vorfälle die Tour uneingeschränkt fortsetzen.

Am Abend sah das Ganze dann so aus (siehe rechts) aber es bließ nur bei einer sehr leichten Stauchung.

Ballengang_Unfall
Wie ein kleiner Zusammenstoß nach 2 Stunden aussieht

Würde ich wieder barfuß eine solche Strecke gehen?

JA, auf jeden Fall, wenn es nicht kalt/nasskalt ist (das wäre aber dennoch denkbar für reine Barfußgänger, die ja keine Saison kennen)

Aber ich würde keinen ABSTIEG auf Fels so durchführen, weil das Landen immer mit Rutschen und Scheuern verbunden ist und die Füße damit großen Verletzungegefahren ausgesetzt wären. Und ich würde tatsächlich in einem sehr anspruchsvollen Gelände, in dem ständig Fehltritte möglich sind nur so lange barfuß gehen, solange 100% Konzentration gegeben sind. Ähnlich wie jemand, der auf Hochseil balanciert -> Einmal die Konzentration weg und dann passiert’s 😉

Die Vorteile von barfuß sind aber auch hier wie bei jeder Barfußwanderung im viel intensiveren Wandererlebnis und im höchst wirkungsvollen Körpertraining.

Wenn Wanderer mich fragten, wie ich denn überhaupt barfuß gehen könne (also wie das überhaupt bei den Felsen möglich ist), dann konnte ich nur entgegnen, dass dies ein Körpergefühl als Ergebnis von ganz bewusstem Training ist, das dann eben schnell zur Normalität wird.

 

6. Was ist nun mein Fazit aus diesen Erlebnissen:

 

Für Wanderungen jeglicher Art würde ich die Schuhe so minimal wie möglich einpacken und falls möglich, gleich sofort barfuß losgehen.

„Wanderschuhe“ sind für mich als Kategorie viel zu allgemein. Was ich in den Bergen als solche gesehen habe, erfüllen mit Sicherheit ihre Zwecke für Gletschergebiete, oder Wanderungen generell mit kalten und nassen Bedingungen oder bei wirklichem Felsklettern mit Seil. In jedem anderen Gebiet bringen sie im Grunde nichts, sind viel zu schwer und schränken die Bewegungsfreiheit der Füße unnötigerweise ein.

Mit einer guten Gehtechnik, lässt es sich völlig Belastungsfrei und ausdauernd im Gebirge gehen. Sogar barfuß unter bestimmten Bedingungen.

 

Falls Sie ähnliche Erlebnisse haben, würde ich mich freuen, darüber auch etwas lesen zu können. Gerne unten als Kommentar. Ich freue mich über jedes Feedback. Vielen Dank!

 

Ich wünsche viel Spaß beim Wandern aller Art,

Stefan_Heisel_Alpen

 

Ihr Stefan Heisel

PS: Hier die getesteten Schuhe: („Eigenbau“) 🙂

Minimalschuhe für alle Zwecke ;)
Minimalschuhe für alle Zwecke 😉

Nullabsatz, sehr weiche dünne Sohle -> Reifenmaterial, daher abriebfest, weiches Oberleder, schmiegt sich der Fußform an, 100% Zehenfreiheit

Sind Barfußschuhe böse?


oder: Kann man Natürlichkeit einfach kaufen?

Ballengang_Teufel

 

Sehr geehrte Leser,

was würden Sie davon halten, wenn jemand von Ihnen Schadenersatz dafür verlangt, dass er es nicht schafft, sich natürlich zu bewegen?

Das klingt so ausgedrückt recht schräg, aber um nichts anderes handelt es sich in dem HIER veröffentlichten Titel von Spiegel online.

(http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/barfussschuhe-vibram-entschaedigt-us-kaeufer-der-fivefinger-schuhe-a-968695.html)

Inhaltlich geht es darum, dass Schuhfirmen wie Vibram, Reebok und Sketchers in den U.S.A. von Kunden verklagt wurden, die angeblich durch das Tragen von Barfußschuhen gesundheitliche Probleme bekommen haben.

Um das zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, welchen Effekt Barfußschuhe im Allgemeinen haben (wenn sie gut sind!):

– Der Fuß wird so weit wie möglich in den Zustand versetzt, den er beim Gehen und Laufen von Natur aus hat. Der Unterschied zum reinem barfuß sein besteht nur darin, dass eine 2-4 mm dünne flexible Sohle, den Gehenden vor Verletzungen schützt. Keine künstliche Dämpfung, keine Absatz, volle Zehenfreiheit.

Die betreffenden Kunden haben also Schäden durch geschütztes barfuß Gehen bzw. Laufen zu beklagen und machen denjenigen dafür verantwortlich, dessen Produkte dies möglich machen … ?

Das Verständnis dafür, was hier schiefgelaufen ist, bedarf etwas thematischen Ausholens:

Grundsätzlich ist der Ansatz hin zur Rückkehr zu natürlicher und damit evolutionär optimal angepasster Bewegung sehr zu begrüßen. So steht es außer Frage, dass die Mehrheit aller Beschwerden auf körperlicher Ebene -neben dem Übergewicht- vor allem in früh einsetzender Falsch- oder Mangelbewegung ihre Ursache haben. Keinen unbeträchlichen Anteil daran haben zweifelsohne auch Schuhe, die uns von Kleinkindalter an lehren, dass die Zehen seitlich gequetscht, die Unterlage immer gleich beschaffen, das Längsgewölbe von unten künstlich gestützt („Fußbett“ -> Gute Nacht, Füße! 😉 ) gehören und – letztlich – dass es immer etwas mehr bergab geht als tatsächlich in der Realität vorgegeben (Absätze oder Sprengung).

Stellen Sie sich doch einmal vor, sie trügen seit Ihrem ersten Lebensjahr für durchschnittlich 12 Stunden täglich enge, dicke und steife Fäustlinge, um Ihre Hände zu schützen….

Was geschieht mit der Sensibilität, der Muskulatur, dem Bindegewebe im Lauf von Jahren und Jahrzehnten, wenn das entsprechende Körperteil nicht voll in Gebrauch ist?

-> Die Strukturen und Funktionen bilden sich zurück und zwar nachhaltig!

Auch der Restkörper passt sich der Degeneration an und bewegt sich insgesamt nicht mehr optimal. Er kompensiert statt dessen zum Beispiel das fersenlastige Gehen oder das bergab Gehen (in Absätzen) dauerhaft und kennt nach längerer Zeit nicht mehr ohne weiteres die ursprüngliche angeborene Funktion.

Bezogen auf die Füße:

Jahrelange Einschränkung bzw. auch „Verwöhnung „der Füße führt zu Veränderung in der Struktur des Fußes selbst – aber auch zu veränderten Bewegungen des ganzen Körpers beim Gehen und Laufen. Stellt man nun durch Schuhe die Biomechanik her, die ein Barfuß-Bewegungsmuster erfordern aber andererseits ein „Schuhe-Tragen“ im Gehirn assoziieren, kommt es zunächst einmal zu einem Wahrnehmungswiderspruch.

Denn die richtige Bewegung, passend zum Barfußschuh, ist zunächst noch nicht vohanden und der Fuß selbst ist der dauernden Barfußbelastung strukturell noch nicht gewachsen.

Was aber machen die Schuhkäufer?

Mit dem Barfußschuh-Trend hat sich gleichzeitig auch der Barfuß-Laufen-Trend stärker entwickelt, ohne dabei die physiologischen Voraussetzungen zu berücksichtigen.

Es muss also trotz bester Absichten, natürliche Bewegung zu fördern, zu Problemen führen, wenn man als zukünftiger „barefoot runner“ seinen Füßen bzw. der ganzen Körperstruktur keine angemessene Zeit zur strukturellen Regeneration lässt!

Die Tatsache, dass Vorfußläufer den alltäglichen Ballengang recht häufig ablehnen, unterstreicht diesen Sachverhalt sogar noch.

Angesichts der in den U.S.A. laufenden Klagen von Schuhkunden stelle sich jeder selbst die Frage, ob körperliche Beschwerden durch gehäuftes (fast) Barfußaufen in minimalem Schuhwerk durch die Schuhe selbst verursacht sind oder etwa durch den möglicherweise unsachgemäßen Umgang mit diesen wider besseren Wissens…

Und: Weshalb können die meisten von uns kaum noch richtig Gehen und Laufen auf eigenen Füßen? 😉

Wie dem auch sei, als Fazit stellt sich auch hier wieder die Tatsache ein, dass Natürlichkeit niemals durch Produkte zu kaufen ist und wir so oder so nicht um ein interessiertes Sich-Einlassen auf den eigenen Körper herumkommen.

Ich wünsche Ihnen, lieber Leser, viel Spaß und Unbeschwertheit beim Entdecken und lade Sie, falls noch nicht geschehen, wie hunderte andere Menschen zum kostenlosen Emailkurs  -> „Richtig Gehen lernen im Ballengang“ <- ein!

Herzliche Grüße,

Stefan Heisel

Ballengang in Barfußschuhen?


Die idealen Schuhe für Ballengang sehen genau so aus:

Barfußschuhe zum richtigen Gehen im Ballengang
Barfußschuhe zum richtigen Gehen im Ballengang

Liebe Leser,

seit ein paar Jahren hat sich ein neuer Markt innerhalb der Schuhindustrie etabliert, der Rubriken wie „Barfußschuhe“ oder „Minimalschuhe“ nennt. Zielgruppe sind Menschen, die ihr Bewusstsein auf mehr Körpergefühl und Körperbewusstsein gelegt haben und beispielsweise daher viel mehr barfuß gehen oder auch laufen. Einige Menschen bewegen sich sogar fast nur noch ausschließlich barfuß. Die anderen, die zwar spüren, dass barfuß ein unvergleichlich besseres Körpergefühl erzeugt, die aber dennoch gerne etwas an den Füßen hätten (alleine zum Schutz), benötigen eine Art Kompromiss.

Also so etwas wie einen Schuh, der eigentlich irgendwo doch keiner ist. Und ein super Begriff dafür ist das Paradoxon „Barfußschuh“ (Er heißt nicht so, weil man ihn ohne Strümpfe tragen kann, sondern, weil er sich „wie barfuß“ anfühlen soll)

Alleine schon von der Begrifflichkeit gibt es es so etwas nicht. Da passt „Minimalschuh“ schon viel besser, weil hier ehrlich von einem Schuh die Rede ist, der versucht, nur soviel an Material um den Fuß zu packen, wie technisch derzeit möglich.

Letzten Endes ist es aber völlig gleich, welchen Namen man dem Schuh gibt, es bleibt ein solcher, besonders, wenn das Design dann auch noch so gestaltet ist, dass er von außen möglichst so ausschaut wie ein wirklicher „stinknormaler“ Schuh, ohne den Anspruch auf besonderes Gehgefühl zu erheben.

Also: Der handelsübliche Barfußschuh soll folgendes leisten:

– den Fuß so wenig wie möglich vom barfuß-Zustand entfernen (leicht; ohne Einengungen; flache, dünnstmögliche flexible Sohle)

– er sollte haltbar sein und sich nicht zu schnell ablaufen (Sohlenbeständigkeit)

– er sollte warm genug halten in der kalten Jahreszeit

– er sollte nicht sehr auffällig gegenüber dem Mainstream aussehen (denn sonst könnte man gleich barfuß gehen 🙂 ) Es sei denn, es handelt sich um einen reinen Outdoorschuh, den man in der zivilen Welt ohnehin nicht trägt. Wobei man dann ja kaum noch Gründe hat, nicht gleich barfuß zu gehen oder zu laufen ….

Mit anderen Worten, der Schuh muss sich zwischen dem, was er können soll und welchen Schein er erwecken soll, regelrecht verbiegen.

Und wozu das alles? Damit der Träger des Schuhs der Illusion erlegen ist, einen per definitione und verbrieften einzig vernünftigen Schuh für natürliches Gehen zu tragen 🙂 ….

Da schon das Tragen von Baumwollsocken die feinen Wahrnehmungen von Fußsohle und Zehen nahezu komplett ausschaltet, erübrigt es sich, zu hoffen, dass eine wenige Millimeter dicke Ledersohle den Fuß irgendetwas wesentliches vom Untergrund spüren lässt. Das kann man auch damit vergleichen als würde man Handschuhe von mindestens 3 mm Dicke tragen und dann ohne zusätzliche Pflegekraft seine täglichen Verrichtungen zu meistern. (Die Hände verfügen über eine ähnliche sensible Nervenstruktur wie die Füße, auch wenn bei uns die Füße andere Aufgaben haben.)

Also was soll man jetzt konkret tun, um eine andere Wahl zu haben als ein reiner Barfußgänger durch alle Jahreszeiten und alle Begebenheiten zu werden? Auch sehr einfache „Naturvölker“, insbesondere solche, die in kälteren Regionen der Erde leb(t)en, waren Schuhträger und gleichzeitig hervorragende Läufer. Ihre Schuhe hatten gegenüber 99% unserer Schuhe, egal wer sie herstellt, einen entscheidenden Vorteil:

Sie sind absolut und ausschließlich ZWECKGEBUNDEN und gleichzeitig perfekt aus den zur verfügung stehenden RESSOURCEN hergestellt. Schuhe, die die Jäger in irgendeiner Weise behindert hätten, bedeuteten eine geringere Jagdausbeute und damit weniger Überlebensschancen. Hierzu gibt es aber in der späteren Kultur keine Notwendigkeit mehr und Schuhe wurden zum modischen und standesmäßigen Accesoire ohne wirkliche Zweckgebundenheit, die mit Gehen oder Laufen zu tun hat. Zunächst für die Wohlhabenderen als Statussymbol (barfuß galt bekanntlich als Zeichen der Armut und ist es heute IMMER NOCH!)) Später konnten Schuhe industriell sehr günstig und in sehr schlechter Qualität aber mit gutem (also der Gesellschaft angepasstem) äußeren Erscheinungsbild quasi an jedermann abgegeben werden. WELCH EIN FORTSCHRITT! … 🙂

In den letzten Jahren hat sich abgezeichnet, dass Schäden an den Füßen durch den Verursacher selbst, nämlich den Schuh, auch angeblich wieder behoben werden können: Die Geburtsstunde des Fußbetts und der orthopädischen Einlagen. (Sicherlich gibt es angeborene Handicaps, die tatsächlich durch Prothesen oder Orthesen eine unersetzliche Hilfe erfahren, aber das soll hier nicht Thema sein) Obwohl Ärzte immer wieder das Barfußgehen als beste Therapie und Prophylaxe für sämtliche selbstverursachten Haltungen und Fußschäden empfehlen, gebietet die Industrie/Wirtschaft auch gleichzeitig, im Grundsatz sinnfreie Prothesen für jedermann zu verordnen/verkaufen und zu produzieren. Heute sind wir gerade in dem Trend, dass viel einfallsreichere Produkte rund um den Fuß vertrieben werden, bloß um die einfachste Lösung (barfuß) kostenintensiv zu umgehen. Seien es konvex abgerundete Sohlen (die mittlerweile gar nicht mehr vom ursprünglichen Markteinführer empfohlen werden, aber immer noch aufgrund der erzeugten Nachfrage fleißig produziert werden) oder seien es Schuhe mit extrem weicher federnder Innensohle, Schuhe und Strümpfe mit einzelnen Zehen, oder mit rekordverdächtig dünnen Sohlen aus teils natürlichem und teils sythetischem Material. Ja, sogar Sportschuhe, die die Muskulatur so anregen, dass man davon abnehmen soll, werden angeboten.

Aber wie soll man sich noch zurechtfinden als jemand, der seit langem oder kurzen genau spürt, was seinem Körper an Gehbewegung gut tut und feststellt, dass dies nur barfuß richtig möglich ist?

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Dazu gebe ich drei Tipps, die auch inhaltlich auch gegen Ende des Email-Kurses nach etlichen Lektionen zuvor noch differenzierter gegeben werden:

1. Seien Sie sich darüber bewusst, welche Eigenschaften Schuhe auf gar keinen Fall haben sollten, wenn Sie sich damit fortbewegen möchten. Als Wichtigstes wären zu nennen:

Absätze bzw Sprengung, egal wie niedrig (Veränderung der Körperstruktur -> bergab-Effekt)

steife Sohle (keine Ballennutzung möglich)

seitliche Eineingung des Vorfußes und der Zehen (Gleichgewichtsverlust, Eingeschränkte Ballenfunktionalität und Gefahr von Deformationen)

Schaft über die Knöchel (Einschränkung des Sprunggelenks und der Ballenfunktion)

künstliche Materialien (Stinkfüße, Entzündungen, chemische Rückstände durch die Haut)

2. Bestimmen Sie für sich, welche Eigenschaften ihr Schuh, je nach Zweck, auf jeden Fall haben sollte, z.B.

– sollte er in jedem Fall bequem sein, und er sollte genau passen; dann sollte lange nichts folgen und dann

– sollte er seinen Zweck (also weshalb Sie nicht gleich barfuß gehen) gut erfüllen: Wärme, Schutz, Bauart (z.B. zum Motorradfahren, Tanzen, Schneewandern, ….)

– sollte er zu ihrer Persönlichkeit passen und nicht einem Trend folgen (was sehr schwer zu unterscheiden ist, weil Trends unterbewusst wirken)

3. Sobald Sie irgendwelche Schuhe tragen, müssen Sie ihr GANGMUSTER DEM SCHUH ANPASSEN!!

Immer wieder werde ich gefragt, in welchen Schuhen denn der Ballengang am besten funktioniert, so dass man „wie barfuß“ damit geht. Die Antwort lautet: Ihr Körper wird sich auf jedes einzelne Paar Schuhe immer wieder neu einstellen müssen! Ohne Ausnahme und ohne „einfacheren Weg“.

Das bedeutet klartext: Wie schon des Öfteren erwähnt, ist das Gehen ein Prozess, der aus jeder Faser des Körpers unterstützt wird. Desweiteren wird auch die Schwerkraft und die besondere Anatomie unseres Aufrechtseins zur Erleichterung des Gehens genutzt. Jeder wird festgestellt haben, dass er barfuß auf Sand ganz anders laufen muss als auf Gras und da wieder anders als auf Stein oder Fels und wieder ganz anders, wenn er durch Wasser watet. Und genau so verhält es sich mit unterschiedlichen Schuhen!

Mal müssen Sie mehr die Knie einsetzen, mal mehr das Sprunggelenk, mal mehr die Ferse, mal mehr den Ballen, mal laden Schuhe, je nach Untergrund regelrecht zum hüpfen ein, und ein anderes mal kann man nicht anders als zu trotten. Das ist ganz normal und ist auch insofern nicht „schlimm“, solange es immer eine ABWECHSLUNG gibt.

Die Kunst liegt hier darin, seinen Körper in jedem Fall so effizient und damit natürlich, wie es die Umstände gebieten, bewegen zu können. Und genau das ist auch der Grund, weshalb es viel Sinn macht, sich mit der Beweglichkeit seines Körpers – auch in Nuancen- auseinanderzusetzen.

Und ich denke, deshalb sind Sie, lieber Leser ja auch hier zu Gast! 🙂

Also, gehen Sie (im Ballengang) mit offenen Augen durch die Geschäfte und begutachten Sie Schuhe nach den oben genannten Kriterien, ungeachtet von Trends oder Marken (es sei denn, dies gehört zu Ihrer Persönlichkeit).

Ich selbst mache damit sehr gute Erfahrungen, finde in den ungeahntesten Momenten im Augenwinkel genau dann einen super Schuh, wenn ich eigentlich gar nicht damit rechnete. (wie das meistens der Fall ist, wenn man etwas bestimmtes sucht 😉 )

Ich wünsche Ihnen viel Glück und Erfolg bei der korrekten Schuhwahl. Am besten wäre ja der oben abgebildete Schuh, ganz ehrlich!

Viele Grüße, Stefan Heisel

PS: Ich empfehle zu diesem Thema auch die Teilnahme am email-Fernkurs

>„Richtig Gehen Lernen im Ballengang“<-