Richtiges Gehen – falsches Gehen


Ballengang_Richtig_gehen_1Wie man in (auch hier zitierten) Beiträgen oder in einigen Publikationen über Gehschule ersehen kann, wird – je nach Sichtweise- eine ganz bestimmte Art des Gehens grundsätzlich als richtig angesehen, während der Rest der Welt es total falsch machen soll.

Ein gutes Beispiel hierfür ist der Ballengang 🙂

Die Verfechter dieser Gangart bezeichnen beispielsweise den Fersengang als unphysiologisch, wirbelsäuleschädigend und als Zeichen mangelnder Leichtigkeit bis hin zu der Aussage, dass die Fersengänger emotionale sowie kognitive Einschränkungen haben müssen und den Fersengang als Kompensation für mangelndes Urvertrauen unbewusst nutzen.

Weil offenbar dennoch so viele Menschen diese (falsche) Ganggewohnheit haben, wird mit Lernen durch Imitation und frühes Tragen ungeeigneten Schuhwerks argumentiert. Ein weiteres Argument ist das vorhandene natürliche Gehmuster von Kleinkindern (die andererseits dann noch nicht rennen/ laufen können und deren Fußgewölbe noch im Aufbau ist)

Daneben gebe es einige Naturvölker, die reine Ballengänger sind. (Betonung auf „einige“)

Man habe sich als aufgeklärter Mensch umzugewöhnen und sich seiner wahren Wurzeln zu besinnen, seiner Gesundheit zuliebe, und auf keinen Fall mehr auf der Ferse aufsetzen.

Als Schuhwerk sind ausschließlich absatzfreie Schuhe mit maximaler Zehenfreiheit geboten, von denen es mittlerweile als Barfußschuhe eine eigene Rubrik im Schuhmarkt gibt.

Ganz anders die Fraktion der Fersengänger.

Sie proklamieren das Abrollen über die Ferse als natürlichen Bewegungsablauf und begründen das oft mit der anatomischen Form des Fußes. (Wenn es ganz hoch kommt, wird immerhin noch die Muskulatur im Unterschenkel mit einbezogen) Der Ballengang (der ja tatsächlich einige gegensätzliche Bewegungsabläufe verlangt) wird als widernatürlich angesehen und – falls es jemand im Alltag macht- als pathologische Auffälligkeit bezeichnet.

Die selben Menschen, oft Mediziner im weiten Sinn, empfehlen auch quasi reflexartig Schuheinlagen bei ziemlich allem, was irgendwie mit dem Fuß oder dem Aufsetzen desselben zu tun hat. Auch leichte Absätze (auch eine Form Prothese) werden empfohlen, da ja die ganze veränderte Neigung im Fuß allein im Sprunggelenk wieder ausgeglichen werde.

Und so weiter. Wer sich mit der Thematik auseinander gesetzt hat, kennt die Positionen mehr oder weniger.

Doch was ist denn nun „richtig“ oder „falsch“? Wer hat recht?

Eins kann ich mit 100%iger Sicherheit sagen:

Es bringt unsere Sache (das eigene optimale Bewegungsmuster finden) nicht weiter, wenn es pauschale und feststehende Glaubenssätze in einer Richtung gibt.

Diese verhindern den Blick auf das Wesentliche und dienen höchstens zum Polarisieren.

Auflösung:

Bevor man an dem meines Erachtens weniger relevanten Merkmal, wie der Fuß beim Ballengang oder Fersengang AUFSETZT, ganze Weltanschauungen anstellt, kommt eine andere Frage:

Was ist denn mit „Gehen“ überhaupt gemeint?

Schon semantisch handelt es sich um ein sehr großes Wortfeld, das die unterschiedlichsten Fortbewegungsarten des täglichen Lebens beinhaltet.

gehen: schlendern, wandern, laufen, stolzieren, schreiten, schleichen, eilen, marschieren, joggen, trippeln, rennen … und so fort.

Dazu kommt, dass man innerhalb des „Gehens“ verschiedene Richtungen einschlagen kann, wechseln kann und alles in ganz unterschiedlichem Tempo oder mit ganz unterschiedlichem Kraftbedarf, bergauf und bergab stattfinden kann etc.

Das ist der Alltag.

All das verlangt aber eine völlig FLEXIBLE Art und Weise, wie der Körper und speziell die Füße benutzt werden.

Es gibt also in der Praxis gar nicht DAS Gehen an sich, also kann man auch nicht stringent festlegen, wie man sich dabei optimal zu bewegen hat, bzw. welches Gehen völlig falsch sein muss. Vor allem kann man es nicht ausschließlich über das Aufsetzen des Fußes beurteilen.

Wir müssen also viel weiter in den Körper schauen und noch mehr beobachten, als den Blick nur auf die Stelle zu richten, wo der Fuß auf dem Boden aufzusetzen hat und darauf eine einseitige Theorie aufbauen.

(Anders verhält es sich tatsächlich beim Dauerlauf oder Sprint, da hier die Art der Fortbewegung sehr eng eingegrenzt ist und somit auch kaum Spielraum für optimale Bewegungsausführung besteht- da es sich hier oftmals um Wettkampfsport handelt, ist die „Richtigkeit“ sogar messbar)

Schauen wir uns Ballengang und Fersengang mal in der Praxis an.

Wann benutzt jeder Mensch Ballengang?

– Beim Rückwärtsgehen, beim Treppensteigen (auf und ab), beim Trippeln, beim Überkreuzgehen vorwärts, beim Springen aus kleinster Höhe, beim schnellen Richtungswechsel, bei schnellen kleinen Schrittfolgen in jede Richtung, teilweise, wenn er noch nicht laufen/rennen kann (Kleinkind) Und das unabhängig davon, ob und welche Schuhe getragen werden.

Und so weiter.

Wir sehen, dass – auch ohne jede Anleitung- jeder Mensch unbewusst den Fußballen dann benutzt, wenn er auf jeden Fall benutzt werden muss. Dennoch sind das sicherlich die wenigsten Schritte, die insgesamt gemacht werden.

Wann wird vorwiegend der Fersengang benutzt?

–  Bei fast jeder mittleren bis schnellen regelmäßigen Fortbewegungsart auf ebenem Boden. Also in der am meisten vorkommenden Fortbewegung. Unterstützt wird er, indem Absätze getragen werden und/oder die Sohle des Schuhwerks unflexibel ist. Beim Barfußgehen ändern manche Menschen in den Ballengang oder Mittelfußgang, wenn sie sich langsam und in kleineren Schritten bewegen und treten dabei generell leichter auf.

Wir sehen also, dass in unserer Kultur viel mehr Fersengang als Ballengang genutzt wird, da die entsprechende Situation wesentlich öfter vorkommt und wir an unsere Kultur im Verhalten angepasst sind. Wären unsere Böden nicht so begradigt und hart und würden wir entweder auf unebenem Boden mehr barfuß oder in leicht besohltem Schuhwerk gehen, dann würde sich jeder auf einen wesentlich höheren Anteil des Ballengangs früher oder später umstellen. Ganz von allein.

Auch hier hinkt unsere Evolution, unser Körper, wieder weit hinter der Kultur zurück. Wir sind körperlich nicht angemessen an ebene harte Böden angepasst, die uns zu (unperfekten) Fersengängern machen, und bedürfen auch noch der Prothese in Form von Absätzen und/oder Dämpfungen oder gar Einlagen. Obwohl wir doch eigentlich „gesund“ sind. (Ganz anders verhält es sich bei Menschen mit echten Handicaps, hier ist jegliche Art von technischer Hilfe ein Segen!)

Was ist also „richtiges Gehen“?

Abgesehen davon, wie viele Situationen und – daraus folgend – Zwecke der Fortbewegung es geben kann, wollen wir uns dabei auf jeden Fall so leicht und möglichst „natürlich“ dabei bewegen.

Anders ausgedrückt: Je bequemer sich das Gehen langfristig anfühlt und je angepasster es unserem Körper und der Schwerkraft ist, desto „besser“ ist es.

Der Fußballen spielt dabei (egal wie wir letztlich aufsetzen) eine wesentliche Rolle und hat dabei Auswirkungen  über die Beine, das Becken, die Wirbelsäule auf die gesamte Körperstruktur bis hin zum Scheitel.

Richtig gehen bedeutet also, in der Kürze ausgedrückt, das Gehen im Einklang mit der Schwerkraft, bei dem der wichtigste Kontaktpunkt mit der Erde und damit Ausgangspunkt aller Energie der Fußballen ist.

Daher lohnt es sich außerordentlich, sich intensiv mit dem Ballengang auseinander zusetzen.

Nicht, weil es „verboten“ sein soll, etwa auch mit der Ferse aufzusetzen, sondern weil wir für jegliches Gehen und damit einhergehend für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden äußerst viel lernen.

Gerne sind Sie dazu eingeladen, am interessanten email-Fernkurs

„Richtig Gehen lernen im Ballengang“ teilzunehmen! 

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Mit freundlichem Gruß, Stefan Heisel