Wie soll ich Ballengang lernen?


oder: Der richtige Schuh wird’s schon richten …

Ballengang_Heisel_Strand1Lieber Leser,

diese Frage höre oder lese ich gerade in letzter Zeit immer häufiger.
Noch vor wenigen Jahren war der Ballengang wirklich sehr speziell und weitgehend unbekannt. Nun hat sich ein regelrechter Trend entwickelt, an seinem Gehen etwas ändern zu wollen. Mit verantwortlich ist auch der wachsende Markt der Barfußschuhe, weil diese als „gesund“ gelten, aber ohne körperliche Umstellung nicht wirklich bequem sind, bzw. sogar bestehende Probleme verstärken können.
Die hauchdünne Sohle sowie fehlende Fersenerhöhung lassen eine künstliche Dämpfung vermissen.
So wird dem frischen Barfußschuhträger das entsprechende unphysiologische Fersenaufschlagen oft ebenso bewusst wie ein Überlastungsgefühl im vorderen Fußbereich.
Durch das starke Interesse an dem Produkt (Schuh) hat sich etwas Wesentliches in unserer Branche verändert, was sich auch in der Art und Weise des Coachings zwangsläufig niederschlägt:

Bevor es die heutigen Schuhprodukte gab, die ein natürliches, nicht unterstütztes Gehen fordern, stellte sich folgende Situation dar:
Menschen mit hohem Körperbewusstsein und gleichzeitig großer Offenheit gegenüber Veränderungen von Konventionen begannen, sich verstärkt auf ihre Intuition und ihr angeborenes Körpergefühl einzulassen.
Es gab weder Literatur noch Produkte noch Anleitungen oder gar Coaches oder Seminare für natürliches Bewegen/ Gehen.
(Wenn, dann gab/ gibt es traditionelle Lehren, die dieses Thema eher stilisieren oder am Rande angehen, wie z. B. Yoga, innere Kampfkünste oder Eurythmie)

Vielmehr existiert(e) „lediglich“ ein Gefühl von Harmonie beim Bewegen im „Ballengang“, mehr Dynamik, Leichtigkeit, innere Freiheit, Gewandtheit, …

Bei mir persönlich startete sogar ein ganz neues Lebensgefühl, weil das Ablegen eines so tief verwurzelten Bewegungsmusters wie das alltägliche Gehen mir ermöglichte, ALLE Bewegungen und Haltungen in jedem Bereich wesentlich zu verbessern. 
(Mit dazu half wesentlich eine intensive Neuordnung meiner Faszienstruktur durch gute Faszientherapeuten)

Das einzige Problem zeigte sich (wie heute), dass es quasi kaum Schuhe gab, die sich mit bereits erarbeitetem Körpergefühl vereinbaren ließen. Unter Insidern empfahl man sich als „zivilisierten“ Schuh gern die leichten Modelle der Marke „Bär“ mit Nullabsatz und Zehenfreiheit. Erst später wuchs die neue Barfußschuh-Branche aus dem Laufsport heraus.

Der Vorfuß-(Barfuß)-Laufstil etablierte sich damit mehr und schuf auch Probleme. Viele Läufer begannen, sich diesen Laufstil anzueignen und bedachten dabei nicht, dass ihr Körper, insbesondere die Füße damit erst mal strukturell überfordert waren. Es häuften sich, Verletzungen, oft Ermüdungsbrüche im Mittelfuß, weil das Bindegewebe (die Faszien) viel zu schnell überlastet wurde.
Dennoch setzte sich der Barfußschuh-Trend bis heute fort, da es andererseits ja mehr als augenscheinlich ist, dass barfuß die natürlichste und letztlich gesündeste Art ist sich fortzubewegen.
Und genau in dieser Situation befinden wir uns heute:
Anstatt dass zuerst der Impuls da ist, sich natürlich zu bewegen (was ja auch mehr als das Gehen betrifft) haben wir heute in der Mehrheit ein PRODUKT als Startpunkt: den „Barfußschuh“.
Nur ändert sich durch das Tragen anderer Schuhe oder das Umsteigen auf häufiges Barfußgehen leider noch nicht das Körpergefühl. Also ändert sich auch nicht zwingend die Bewegungsqualität.
Und mit Sicherheit verbessert sich dadurch erstmal die Körperstruktur nicht die Bohne…
Was eher passieren kann (und tatsächlich häufig beklagt wird) sind Verschlimmerungen bestehender Probleme (z. B. Spreizfuß, Hallux Valgus, Rücken-, Kniebeschwerden), da die fehlende Dämpfung, kombiniert mit dem Versuch, nur anders aufzutreten, weitere Fehlbelastungen hervorrufen. Weder ist das Fußgewölbe für die neue, intensivere Belastung genügend ausgebildet, noch sind Knie, Hüfte, Wirbelsäule, Rücken, Bauch und Schultern geschmeidig genug, um wirklich als Ganzes richtig federnd und aufrichtend zu funktionieren. Genau diese veränderte Situation kann ich als Bewegungscoach immer häufiger beobachten. Während vor dem Schuh-Boom noch viele an sich bewegungsbewusste Menschen nach Feinschliff in der Bewegung und/oder nach einem Körpertuning in Form von Faszientherapie fragten, stehen inzwischen viele frischgebackene Barfußschuhträger ohne entsprechendes Körpergefühl in Seminaren oder Einzelcoachings.

Noch ein weiterer Punkt kommt hinzu, der aber mehr unserer industriellen bzw. mechanistischen Denkweise zuzuschreiben ist. Wir sind es gewohnt, seit wir die Schulbank drücken, dass wir Musterlösungen vorgesetzt bekommen, die es bei geringstmöglicher Toleranz zu KOPIEREN gilt. Die Welt wird nicht mehr selbst entdeckt, sondern uns meist ohne Lebensrelevanz synthetisch vorgesetzt. Wir sitzen fast nur noch da und lassen uns passiv von der „Wahrheit“ aus zweiter oder dritter Hand berieseln. Und wer diese „Wahrheit“ am exaktesten kopiert, enthält die bessere Bewertung durch andere Menschen.
Eigene Erfindungen oder Gedanken sind fast ebenso sehr gefürchtet wie Kreativität oder – am Schlimmsten- Fehler …?
Damit geht uns etwas sehr Wichtiges und Wesentliches verloren: Unsere Neugier und das Vertrauen in die Fähigkeit zu eigenen Empfindungen und eigener Intuition. Was uns ja eigentlich von Geburt an mitgegeben ist. Und das betrifft auch unser Körpergefühl und die Art und Weise, wie wir glauben, Bewegungen lernen zu müssen. Es wird nämlich erwartet, dass exakt zu kopierende Übungen, die regelmäßig durchzuführen sind, tiefgreifende Verbesserungen hervorrufen sollen.

Was bedeutet das für den Ballengang und das Wiedererlernen natürlicher Bewegungen?
Um überhaupt auch nur im Entferntesten auf die Idee zu kommen, etwas an seinem Gang zu ändern, bedarf es eines AUSLÖSERS. Auf meinen Seminaren frage ich immer nach, worin der Grund des Besuchs liegt, woher das Interesse am Ballengang überhaupt rührt. Und wie eingangs schon beschieben, wandelt sich dieser Auslöser mehr und mehr auf das Produkt „Barfußschuh“ und dessen richtigen Gebrauch. Während früher noch – rein mental schon – die Frage nach dem richtigen Gebrauch des eigenen KÖRPERS im Vordergrund stand.
An dieser Stelle möchte ich deshalb für alle, die bis hierher mitgelesen haben (und nur für jene macht der weitere Text Sinn) wieder erinnern, wie wir alle zu unseren natürlichen Bewegungen überhaupt gekommen sind.

Als Kleinkind waren wir ständig folgende Dinge am Tun:

– spielen

– neugierig sein -> beobachten

– Fehler machen, hinfallen, weiter probieren

– fühlen (statt denken!) -> dem „Instinkt“ folgen
Mit diesen Tätigkeiten und Qualitäten lernten wir leicht und ganz von selbst Folgendes:
# krabbeln

# drehen

# perfekt aufrichten

# perfekt hocken

# perfekt sitzen

# perfekt stehen

# hüpfen

# klettern

# bauen

# malen und zeichnen

# singen
(Ergänzen Sie gerne …)

Dabei findet außer bei Sprache und zum Teil beim Gehen alles rein aus eigenem Antrieb ohne direkte Nachahmung statt. Wir sind quasi perfekt ausgestattet und erreichen ohne Coach, ohne Sportlehrer und Physiotherapeuten die wichtigsten Basis-Skills des Menschseins.
Leider geht sehr vieles davon in dem Moment verloren, wenn es damit anfängt, dass man uns Dinge vorsetzt, die nicht selbst ausprobiert werden konnten. Und wenn wir von einem Tag auf den nächsten mit sechs Jahren für fünf Stunden täglich an einen Stuhl gefesselt sind und einen kleinen Stift an die Hand gebunden bekommen, der dann „richtig abkopieren“ soll. Selbst das Bewegen des Körpers (Sportunterricht) folgt von nun an Kategorien wie „richtig“ und „falsch“ und steht plötzlich in Relation zu den Leistungen anderer. Es geht also nicht mehr darum, sich selbst zu erfahren, sondern von sich abzusehen und den Vergleich zu anderen zu betrachten und dazu noch von Dritten beurteilt zu werden. So wird die noch vorhandene Intuition sukzessive zugunsten eines reflektierten „es anderen Recht tun“ abgebaut.

Liebe Leser, sollten Sie Interesse an Ihrem persönlichen natürlichen (also auch leichten und mühelosen) Gehen haben, dann sind Sie gut beraten, sich NICHT an jenes von außen gesteuertes „Anleitungslernen“ zu halten, sondern sich genau davon wieder zu lösen und das spielerische Entdecken, Probieren und Fehler machen wieder zu wagen! Je leerer Ihr Kopf dabei ist, desto größer die Chance, sich selbst nah zu kommen. Und umso erfolgreicher finden Sie auch Ihren „Ballengang“.
Lassen Sie also Ihr Gehen von gar keiner Schuhmode oder gar Ideologie oder einem Zeitgeist bestimmen. (Ja, auch und gerade Ideologien geben willkürlich vor, was für alle Menschen oder eine Gruppe davon „richtig“ sein soll – meist aber mit dem Hinweis, wie „falsch“ oder gar „dumm“ doch andere sind, um sich selbst im Wert ihres Tuns zu erhöhen).

Nein – Finden Sie es doch selbst für sich heraus, was auch immer Sie dazu gebracht hat, überhaupt darüber nachzudenken! In dem Fall sind auch Schuhe ganz toll, wenn sie zur Reflexion anregen und Menschen dazu bringt, sich die Sache mit dem eigenen Körper doch mal genauer anzusehen.

Daher mein Vorschlag an alle Ballenganganfänger oder jene, die im Moment an der „exakten Ausführung“ scheitern:

Stellen Sie sich (am besten barfuß) so hin, wie Sie sich am Ausgewogensten fühlen und wippen Sie auf der Stelle. Mit so vielen Gelenken wie möglich. Jeden Tag, wenn Sie möchten, und sei es nur eine Minute oder weniger.

Ich verspreche Ihnen: Irgendwann macht es „Klick“ und Sie wollen unbedingt wissen, wie denn der erste Schritt nach vorne wirklich funktioniert ….

Viel Spaß am Entdecken!

Mit herzlichem Gruß

Stefan_Heisel_Bodymotic
Ihr Stefan Heisel

 

PS: Neue Seminare in 2018:

http://seminare.ballengang.de 

Richtig Gehen lernen (7a)- Barfuß gehen – Teil 1


barfuss_laufen Richtig barfuß gehen (1)

Liebe Leser von ballengang.de

Ja, so ganz allmählich beginnt es hier und da frühlingshafter zu werden. Die ersten botanischen Vorboten sind längst da und auch die Vögel freuen sich schon auf den Neubeginn ihres Zyklus.
Und für manch einen ist es auch spätestens sehr bald die Zeit, sich auch draußen mehr dem barfuß gehen zu widmen. Endlich 🙂

Doch wie verhält es sich denn damit genauer? Warum geht man barfuß?

Freiheitsgefühl? Gesundheitsbewustsein bzw. Fitness? Alternativ Leben?

Wie dem auch immer sei. Mir ist aufgefallen, dass wir in der Regel total schuh-adaptiert sind und auch lange Zeit barfuß so gehen, als trügen wir Schuhe. Deshalb bedeutet barfuß gehen an sich noch nicht zwingend, dass man sich besonders natürlich bewegt.

Auffallend oft bekomme ich Anfragen von Lesern, die über Schmerzen oder zumindest Schwierigkeiten berichten, wenn sie versuchen barfuß zu gehen und dazu auch noch den Ballengang ausprobieren. In Wahrheit ist es aber so, dass Schuhträger einfach noch lange nicht die für den natürlichen Gang notwendige muskuläre und vor allem fasziale Struktur (also die stützenden und federnden Elemente) ausgebildet haben. Dann kann man „technisch“ zwar eine Weile lang alles richtig machen, aber real kommt das einer Überforderung gleich.
Insbesondere sehe ich ein gewisses Risiko darin, wenn sofortig sogenannte „Barfußschuhe“ angeschafft werden und diese dann sofort die bisherigen Schuhe ersetzen.

Dass dann Beschwerden auftreten, Reizungen von Strukturen, Überlastungen und auch ein wenig Frustration, ist ja fast schon vorprogrammiert.
Dieses Phänomen tritt meiner Überzeugung nach beim Tragen von Barfußschuhen viel stärker auf als beim tatsächlichen richtigen barfuß gehen!

Und die Erklärung dazu ist eigentlich ganz einfach:

Unser Nervensystem ist seit frühester Kindheit darauf ausgelegt, stets draußen Schuhe an den Füßen zu haben, diese zu spüren und den Gang den physikalischen Eigenschaften der Schuhe anzupassen. Alle Schuhe haben eine verstärkte Ferse und einen Absatz (oder eine Sprengung) von mindestens 0,5 bis 1 cm Höhe. Gerade Sportschuhe haben zusätzlich auch eine Dämpfung (Air … etc), um den Gebrauch der Ferse zu unterstützen und um jegliche Eigendämpfung aus de ganzen Körper heraus lahmzulegen. Dadurch erhält unser Nervensystem ein deutlich verfälschtes Feedback bei jedem Schritt:

  • Der Untergrund ist sozusagen immer gleich
  • Es gibt entweder einen notwendigen Stoß auf den Absatz ohne die Möglichkeit diesen abfangen zu können
  • oder es gibt eben keinen Stoß mehr bei guter Dämpfung.
  • Der Fuß hat fast immer eine Stütze von unten, genannt Fußbett, damit er, wie der Name schon sagt, im Schuh „schlafen“ kann.

Diese Summe von verfälschten Eindrücken spiegelt sich als eine Wahrnehmung wieder, die automatisch vom Gehirn suggeriert wird, sobald etwas Schuhartiges den Fuß umgibt.

Und jetzt kommts: Tragen wir nun also Schuhe, die sehr wenige der verfälschenden Eigenschaften besitzen (wie bei besagten „Barfußschuhe“ das mehr oder weniger der Fall ist), dann glaubt der Körper nach wie vor, dass er geschützt, geschützt und schräg gestellt ist. Dementsprechend wird er viel schwerer sein gesamtes (!) Bewegungsmuster umstellen als er das ganz ohne Schuhe tut!

Wir gehen also mit Barfußschuhen immer noch sehr ähnlich wie wir es immer in Schuhen getan haben, obwohl die Belastung auf Füße, Knie, Rücken etc. tatsächlich eine andere ist. Und wir tun dies aus einem guten Willen heraus (weil barfuß ja sooo gesund ist) oftmals recht radikal. 😉

Die Folge ist, dass tatsächlich durch totalen Wechsel auf Barfußschuhe OHNE wirklich das barfußgehen zu beherrschen, eher Probleme auftreten als dass es tatsächlich dem natürlichen Gehen zuträglich wäre.

Deshalb kann ich nur immer wieder dazu raten, sich bezüglich des Ballengangs auf das reale barfüßige Gehgefühl einzustellen, zu üben, sich zu konditionieren. Dann abzugleichen auf das ganz andere Gefühl in Schuhen (egal welchen) und dann allmähllich zu spüren (aufgrund des EIGENEN GEFÜHLS (!) und nicht weil es jetzt hipp ist 🙂 ) welche Art von Schuhen denn gerade angenehm ist.

Es ist wie bei allem: es macht nicht das Higtech- Fahrrad den guten Radsportler aus, auch nicht der aquadynamische Badehosenstoff den guten Schwimmer und nicht der Barfußschuh den ökonomisch-natürlichen Gänger aus, sondern der Mensch in seiner ihm höchst eigenen Form und Funktion! 🙂

Wenn Sie bis hierhin gelesen haben, möchte ich Ihnen gerne noch ein kurzes Video vorstellen, in dem ich einen der großen Fehler aufzeige, der mit Sicherheit so gut wie jedem Barfußgänger passiert, wenn er mal eben die Schuhe weglässt oder jahrelang vielleicht einer ungünstigen Geh-wohnheit anheim gefallen ist.

Viel Spaß beim Video und viel Erfolg beim Entdecken und Forschen!

Ihr Stefan Heisel

Zeige mir, wie du gehst und ich sage dir, wer du bist


Oder

Wie unsere Körperstruktur und Bewegung unser Inneres ausdrückt

Liebe Leser, wir alle haben eine intuitives, angeborenes, bzw. sehr früh erlerntes natürliches Fähigkeit, die uns auf einen Blick die Stimmungs- und Gefühlslage unserer Mitmenschen erkennen lässt. Es fällt uns leicht, Zustände wie Freude, Angst, Niedergeschlagenheit, Selbstsicherheit anhand der Körperhaltung, Gestik und Mimik klar zu unterscheiden. Diese Körpersignale laufen aber nicht nur grob ab, sondern bestimmen bis in feinste Nuancen in überragendem Maß unsere Kommunikation und unsere Einschätzung bzw. sogar Bewertung untereinander.

Menschen, die sich mit darstellender Kunst, Schauspielerei oder auch mit Malerei, Fotografie und Bildhauerei beschäftigen, erlangen automatisch ein überdurchschnittliches Wissen über Körpersprache. In diesen Berufen geht es in außerordentlicher Weise um den Ausdruck aller denkbaren menschlichen Befindlichkeiten in Zusammenhang mit dem körperlichen Ausdruck.

Der weltbekannte Pantomine und Experte für Körpersprache Samy Molcho hat durch seine berühmten Werke [->Körpersprache], die in keiner Hausbibliothek fehlen sollten, viel zum Verstehen unserer Gestik und Mimik beigetragen.

Doch es geht noch weiter: Beginnend mit der Wissenschaft der Psychologie und den damit auch teilweise einhergehenden westlichen Körpertherapien, erlangte man immer weitreichendere Erkenntnisse um den Zusammenhang zwischen Körper, Fühlen und Denken. Daraus folgernd geht es bei weitem nicht mehr „nur“ darum, die momentane Körpersprache zu deuten (oder bewusst darzustellen) sondern auch darum, bestehende Probleme körperlicher wie psychischer Art nicht mehr isoliert zu betrachten, sondern deren Einfluss aufeinander zu erkennen.
Eine solche Erkenntnis besteht beispielsweise darin, dass bestimmte Lebensereignisse positiver wie negativer Art, die in der konkreten Situation eine körperliche (Schutz)Reaktion veranlassten, im späteren Leben – also wenn dieses Ereignis überhaupt keine Relevanz mehr hat – immer noch unbewusst aufrecht erhalten wird und letztlich als „normale Körperhaltung“ fest abgespeichert wird.
Ein klassisches Beispiel soll das verdeutlichen:
– Ein von Geburt an neugieriges Kind möchte möglichst viel in seiner Umwelt erkunden und greift daher natürlicherweise nach jedem Gegenstand in seiner Umgebung, um ihn zu berühren, je nach Alter noch zum Mund zu führen, mit ihm zu spielen, sein Gewicht zu spüren, ihn fallen zu lassen etc. Das Umfeld des Kindes findet dieses Verhalten unangemessen (es versteht die Wichtigkeit dieser Entwicklungsphase nicht) und maßregelt das Kind konsequent mit Entzug von Gegenständen und einem Klaps auf die Finger, wenn ein „unerwünschter“ Gegenstand genommen wird.

Diese regelmäßige Erfahrung (es kann auch eine besonders heftige einmalige Erfahrung sein) „Schmerz und Tadel beim Greifen von Sachen“ wird in der Situation als körperliche Reaktion ausgelebt: Die Hände werden zurückgezogen , die nächsten Erkundungen erfolgen zurückhaltender, vorsichtiger, insbesondere dann, wenn andere Menschen in der Nähe sind, die Schmerz und/oder Tadel verursachen könnten. Ein solches Kind kann als körperliche und psychische Manifestation dazu neigen, generell zögerlich bei allem zu sein, was Erkunden, Zupacken und Zugehen auf andere Menschen sein. Das äußert sich dann, dass der Händedruck passiv und schwach ausgeführt wird, bzw. sogar möglichst vermieden wird. Die Arme hängen bei einem solchen Menschen schwach/lasch und sehr körpernah am Rumpf herunter, sie kleben regelrecht an ihm. Die Schultern bilden sich relativ schwach aus, bzw. neigen verstärkt zum Vorwölben, was wiederum die freie Atmung behindert und quasi schon einen Rundrücken vorprogrammiert.

Gleichzeitig mit den sichtbaren körperlichen Besonderheiten finden wir auch im Inneren starke Parallelen: Neue Aufgaben werden mit übergroßer Vorsicht angegangen. Offensives Vorgehen, Selbstverwirklichung sind stark gedämpft. Dagegen ist als Kompensation dafür eine übergroße Anpassung und Weisungsgebundenheit vorhanden.
Was also im Inneren an Vorsicht und Zurückhaltung aus einer bestimmten prägenden Erfahrung heraus entstanden ist (weil das Anpassen alters-, und umständebedingt weniger Leid erzeugte als das Rebellieren) zeigt sich im Körper durch eine entsprechende Struktur (schwach ausgeprägte schlaffe Arme, Schultern, inklusive Rundrücken).

Und die KörperSTRUKTUR ist im Gegensatz zur momentanen HALTUNG oder GESTE eine FESTE Größe, die sich nicht unmittelbar und kurzfristig willentlich verändern lässt!
Anhand dieses Beispiels lässt sich erahnen, welch ein Universum von Zusammenhängen zwischen Körperstruktur, Bewegung und Gefühlen, Gedanken, Selbstbeschränkungen oder auch Freiheiten zu entdecken sind.
Wer sich mit diesen relativ neuen und aktuell auch in der Faszienforschung behandelten Zusammenhängen näher beschäftigen möchte, der kann sich beispielweise mit der Bioenergetik näher befassen. Oder auch zum Einstieg dieses faszinierende schon was ältere Büchlein „Botschaften des Körpers“ zu Gemüte führen

Kommen wir wieder zu Gehen zurück! Bei diesem zutiefst persönlichen Bewegungsmuster treten nahezu alle existierenden Körpererfahrungen, Befindlichkeiten, Beschränkungen und auch Freiheiten in Erscheinung. Genau deshalb ist es ja meistens auch nicht so einfach, bei Erkennen von Änderungsbedarf sein gehen „mal eben“ umzustellen. Vielmehr bedarf es mehrerer Bausteine oder auch „Bewegungsschlüssel“, um die eigene Gewohnheit gewissermaßen zu überlisten und damit umzuprogrammieren. Aber nicht nur das „anders Bewegen“ kann in diese festen Gewohnheiten eingreifen, sondern auch zweit weitere wichtige Ansatzstellen:

1. Die innere Faszienstruktur bestimmt, welche Bewegung und Haltung überhaupt physisch möglich ist, zumindest mühelos möglich ist. Die Faszien besitzen unter Anderem ein Gedächtnis für das subjektiv „Normale“. Die detaillierte Art und Weise, wie wir sitzen, stehen, gehen, heben, hantieren ist in Faszien und Zentralnervensystem abgespeichert und funktioniert völlig unbewusst. (Um das Bewusstsein für die generelle Planung unserer Handlungen nutzen zu können und Überforderungen zu vermeiden: Solche eine Überforderung tritt dann ein, wenn etwas völlig Neues getan wird und das wäre für den Alltag fatal) Wenn also Beispielsweise „Fersengang“ im gesamten Faszien- und Nervennetzwerk als „normal“ anerkannt ist, bewirkt eine direkte manuelle Faszienmanipulation auch eine erhöhte Toleranz für Neues und Leichteres. Daher ist Arbeit an den Faszien immer auch eine essentielle Vorbereitung auf andere/neue Alltagsbewegungen.(Alltagsbewegungen werden hier bewusst von Bewegungen aus Sport, Beruf, Hobby differenziert, weil diese immer unbewusst und äußerst persönlich und intuitiv gesteuert sind, daher auch entsprechend anders zu verändern sind als kulturelle Techniken aller Art)
2. Mentale Arbeit: Es nützt nichts, wenn man sich seine Alltagsbewegung und -haltung „hart erarbeitet“, wie man das beispielsweise vom Sport kennt. Denn unser Körper möchte es im ALLTAG bzw. PRIVAT stets angenehm und bequem, oder auch einfach „schön“ haben. Üben wir nun also Ballengang als strenges Übungsprogramm, zu dem wir uns zwingen müssen, dann haben wir den Sinn von ALLTAGSbewegungen noch nicht begriffen. Um nämlich unbewusst das zu tun, was wir automatisch als „richtig“ und „gut“ wahrnehmen, sollte die Situation, in der wir üben, auch genau diesen positiven Hintergrund haben. Es gilt also, sich beim bewussten „Üben“ des Ballengangs in einen positiven Zustand zu versetzen, sich über seine Bewegung zu freuen und die Veränderungen richtig zu genießen! Das kann auf verschiedene Weise geschehen:

– in einer Gruppe Gleichgesinnter üben, wandern, ..

– sich das Privileg, barfuß zu sein herausnehmen und stolz darauf sein

– sich innerlich frei fühlen, ungeachtet dessen, was Leute denken

– sich etwas Besonderes leisten in Zusammenhang mit Ballengang (ein Buch, neue Schuhe, eine Reise, ein Seminar, …) = Belohnung!

– (innerlich) singen, pfeifen, tanzende Schritte einbauen

Dauergrinsen beim bewussten Üben …

Wie Sie es auch anstellen – Sie weden mit dem anderen Bewegen auch andere Gefühle erleben und auch anders Denken. Vielmehr denken Sie ja bereits jetzt schon anders, sonst würden Sie gar nicht bir hierher gelesen haben. 😉

Ich wünsche viel Freude und Spaß am persönlichen Wachstum bei allem, was Sie tun!

PS: Richtige persönliche Selbsterfahrung beim Gehen gibt es -> hier <-

Weitere Infos zu Gehen und Fühlen gibt es in einem Artikel der Welt online von Oktober 14

Herzliche Grüße,

Bodymotic-Coach Stefan Heisel
Bodymotic-Coach Stefan Heisel

Ballengang durch barfuß Gehen?!


Wie funktioniert denn nun natürliches Gehen?

Ballengang_barfuß_Heisel Sehr geehrte Leser,

Diese kontroverse Frage stellt sich in letzter Zeit immer häufiger, weil die Zahl derer, die sich der offiziellen Lehrmeinung (Fersengang) in der Praxis widersetzen, immer größer wird.
Wie wir wissen, definiert sich die offizielle und weltweit geltende orthopädische Gehschule u.a. dadurch, dass in der Landephase die Ferse aufgesetzt und danach über der äußeren Rand des Fußes nach vorne „abgerollt“ wird.

Alle Ärzte, alle Physiotherapeuten, alle Sportlehrer dieser Erde lernen diesen Gang in ihren Schulen und Universitäten, in Seminaren und Fortbildungen. Und geben dieses übernommene Wissen genau so an Schüler, Patienten und Klienten weiter.

Doch woher kommt eigentlich diese Sicherheit, diese Selbstverständlichkeit, dass dem auch so ist? Dass wir als Menschen von Grund auf solch ein Bewegungsmuster biomechanisch entwickeln? Es geht sogar so weit, dass der aufrechte Gang an sich als evolutionäre Fehlentwicklung (s. „Bilder der Wissenschaft“, Ausg. 3/2015, S. 24 ff) erklärt wird, die nach 40 Jahren Lebenszeit einfach nicht mehr taugt und folglich nur noch Probleme bereiten muss.
Mit anderen Worten: Rücken, Knie, Fuß, Hüfte seien in den mitteren Lebensjahren „bauartbedingt“ zu Schäden verdammt. (?)

Was dabei aber vergessen wird, ist dass die heutige Lebensweise, der Lifestyle, die Mode, die Gewohnheiten, der berufliche Alltag unserem in Jahrmillionen geformten Körper ebenso wenig entspricht wie der als „Sport“ oder „Fitness“ bezeichnete versuchte Ausgleich.

Denn wir sind ohne Zweifel immer noch ein höchst effizient und ökonomisch arbeitender Bewegungskörper,
… wenn man ihn denn einfach nur „normal“ also artgerecht (be)nutzen würde!

Kein Mensch käme auf die Idee, ein Pferd auf ein Laufband zu stellen, ausgestattet mit federnden Schuhen mit Hufbett, niemand würde einem Elefanten Absätze verpassen, einen Welpen mehrere Stunden am Tag in der Hundeschule stillsitzen lassen oder seine Katze in eine Maschine setzen, die per Gewicht und Seilzug ihre Vorderbeinmuskeln trainiert…
All das und noch viel mehr tun wir aber der Bewegungsspezies „homo sapiens“ an und zwar per Verordnung, als Schulpflichtprogramm und halten das für Fortschritt…
Wen wundert es da, dass wir im Grunde genommen völlig verlernt haben, was und wer wir eigentlich körperlich sind?
Wir benötigen Trainingspläne, die uns anordnen, welche Übungen wann und wie oft zu absolvieren sind, um einen „starken Rücken“ zu bekommen, oder wir benötigen „Vorturner“, die uns in Studios auf möglichst unterhaltsame Weise dazu motivieren, im Takt zur Musik beliebige Moves irgendwie nach zu machen, auf dass der Puls immer die richtige Schlagzahl für die gewünschte Art der (Fett)Verbrennung aufweist. Fett, dass wir im Wesentlich auch deshalb haben, weil wir per Auto zum Studio und wieder zurückfahren 🙂

Zurück zum Gehen:
Betrachtet man die heutige Lehrmeinung, dann hat sich – wie immer das Geschehen konnte- diejenige Bewegung als „anatomisch korrekt“ durchgesetzt, die gar nicht mehr dem ursprünglichen Muster entspricht, sondern die sich seit der industriellen – und damit flächen- und massenübergreifenden (Schuh)industrie- als „normal“ verwandelt hat.
Ein stets barfuß gehender Mensch (der damit vom Fuß beginnend seinen Körper natürlich nutzt) wird niemals in das „orthopädische“ Gangmuster verfallen, das uns als medizinisches Nonplusultra empfohlen – ja verkauft- wird.

Nicht nur, dass genau dieses Gangmuster mit größter Wahrscheinlichkeit mitverantwortlich für quasi jegliche bisher „unbestimmbaren“ Rückenbeschwerden ist ( Verschiedene Quellen sprechen von 80-90% aller Beschwerden seien nicht bestimmbar)
Nein, es entspricht genau jenem Gehen, zu dem uns lediglich unser übliches Schuhwerk zwingt (Fersenbetontheit, Absatz, Fußbett, enger Zehenbereich, harte Sohle, ggf Schaft) das uns aber als natürlicher BARFUSSGANG beigebracht wird!

Wer jedoch offen durch die Welt geht, seinem Körper mehr vertraut, genau beobachtet und daraus lernt, der muss erkennen, dass diese „orthopädische“ Ganglehre, die in alle Bereiche hineireicht, von der Realität widerlegt ist.

Als eins von vielen Beispielen weise ich auf eine Reportage des SWR hin („Wie gesund ist barfuß laufen?“) , die zwar bereits ein halbes Jahr zurückliegt, aber glücklicherweise noch verfügbar ist. Es geht darin um eine junge Barfußgängerin, die nach einiger Praxis in das Ballengangmuster gewechselt hat und diesen nun ganz selbstverständlich praktiziert. Als Vergleich geht der Reportagepartner in dem zu fast 100% praktizierten schuhgewohnten Fersengang.

Sie, lieber Leser, sind jetzt dazu eingeladen, sich die Praxis der beiden Geher als authetisches Filmmaterial genauer anzuschauen und sich, unbedacht der im Film dargestellten Erklärungen ihren ganz eigenen Reim darauf zu machen. 😉 Vorab sei von mir bemerkt, dass es interessant ist, den Gang der jungen Frau zu loben, gleichzeitig aber keinerlei Worte für das Aneignen eben genau dieses (Ballen)Ganges zu finden und Erwachsenen sogar noch weitgehend von all zuviel barfuß gehen wegen vorhandener „Fußschwäche“ abzuraten ….

–> Hier zum Film

ballengang_Schuhträger_Filmab

Herzliche Grüße,

Bodymotic-Coach Stefan Heisel
Bodymotic-Coach Stefan Heisel

 

Ballengang „extrem“ in Anwendung


Oder: Hochgebirgstouren mit oder ohne Schuhe?

 

Ballengang_HochgebirgeHallo liebe Leser,

wenn Sie auf dieser Seite landen, haben Sie sich sicherlich schon Gedanken über Ihr Gehen gemacht oder sind neugierig darauf, welche Erkenntnisse oder Erlebnisse andere vorweisen können.

Sie kennen sich bereits mit Ballengang aus? Sie möchten ihn (endlich) selbst ausprobieren? Sie fragen sich, welche Rolle das richtige Schuhwerk dabei spielt? Dann lesen Sie jetzt diesen ausführlichen Erlebnisbericht aus meinem Alpenurlaub in den Sommerferien.

 1. Die Wahl der Schuhe

 

Wanderschuhe
Muss man solche Schuhe tragen?

Wer sich mit natürlichem Gehen beschäftigt hat, weiß, dass Schuhe mit Absatz, fester Sohle und Knöchelschaft nicht gerade optimal sind, um den ganzen Körper, insbesondere den Fuß beim Gehen adäquat einzusetzen. Gerade jene Wanderschuhe, die ja für Bergwandern eindringlich empfohlen werden, machen den Eindruck von „Panzerschuhen“ und packen Fuß samt Knöchel derart ein, dass weder Bewegung noch irgendeine Wahrnehmung unterhalb der Wade noch möglich scheinen.

Sicherlich ist der Fuß dabei vor Verletzung, Kälte und Nässe geschützt, für den Fall der Fälle, andererseits geht ja so eine Bergwanderung in der Regel über viele Stunden (z.B. von Hütte zu Hütte). Die Frage ist, wie viel Schutz überhaupt wirklich nötig ist und wie lange man sich einen derartigen Panzer um den Fuß überhaupt täglich zumuten möchte.

 

Nach meiner Erfahrung und der meiner Klienten passt sich der Körper innerhalb vieler Jahre an seine Umgebung und seinen Gebrauch an (also Ihr Körper formt sich so, wie SIE ihn durch Ihre Aktivität oder Nichtaktivität zum Formen zwingen). Deshalb bekommen beispielsweise viele Frauen, die intensiv „stöckeln“ nach Jahren tatsächlich Achillessehnenprobleme beim schieren Barfußgehen oder in flachen Schuhen, oder Ihre hinten stark verkürzte Gesamtstruktur, die auf hohen Absatz optimiert ist, fällt barfuß merklich zusammen. Die inaktive Druckbelastung einseitig auf dem Vorfuß, kombiniert mit engem Zehenbereich ist ebenso eine perfekte Voraussetzung für jene, die an der Ausbildung eines Hallux Valgus interessiert sind..
Aus gleichem Grund fühlt sich ein ungestützer Fuß beim Wandern ohne „festes Schuhwerk“ deutlich instabiler und verletzungsanfälliger an als mit entsprechendem „Fußbett“ und Knöchelstütze – insbesondere, wenn es vom Gelände her ein wenig anspruchsvoller wird

Er ist es auch. Aber nicht weil er nicht anders könnte, sondern, weil er durch Ruhigstellung gar keine Chance hat, sich so zu entwickeln und zu stabilisieren, wie er es von Natur aus locker könnte!

 

Soviel kurz zur Theorie. Mich hat nun näher interessiert, wie ein im Flachland gut trainierter Körper und insbesondere seine Füße sich zumindest bei annehmbarem Wetter im Hochgebirgigen Gelände so anschicken. Also musste zunächst mal sehr „sparsames“ Schuhwerk bei den ersten Touren herhalten, die so wenig wie möglich in die Fußfunktion eingreifen, dabei aber einen Schutz vor Kälte in den höheren Regionen ermöglichen.

 

Sie können auf diesem netten Hüttenfoto gerne selbst herausfinden, welches Paar Schuhe denn wohl von mir bei den Touren favorisiert wurde… 😉

 

Welche Schuhe testen wir denn?
Welche Schuhe testen wir denn?

 

Meine Routen ersteckten sich in einem recht überschaubaren Bereich im südlichsten deutschen Tal im Allgäu.

 

Wie also funktionierte das Gehen im Ballengang in solchem Gelände und wie schnitten die Schuhe, die ich benutzte bei alldem ab?

2. Zum Gehen selbst:

Anders als im Flachland oder leicht hügeligen Land der Mittelgebirge sind hier so gut wie permanent teil erhebliche Steigungen und Gefälle zurückzulegen. Und das über viele Stunden am Stück. Für die Muskulatur bedeutet das eine ganz andere Beanspruchung. Muskelkater ist mehr oder weniger vorprogrammiert. Die Frage ist, WO er sich bemerkbar macht. Für mich kann ich sagen, dass durch die sehr dünne Besohlung das Fußgewölbe (dessen Muskeln ja hauptsächlich im Unterschenkel liegen) sehr viel zu tun hatte. Jeder Stein (und es gab kaum Schritte ohne Auftreten auf kleine oder größere Steine oder Wurzeln) bewirkte eine „anschmiegende“ Bewegung im Fuß. Die Landung und das Abstoßen war also schon mal mit einer erhöhnten Aktivität im Unterschenkel verbunden. Dazu kommt, dass hier überhaupt kein Schritt mehr ohne Vorfußaktivität möglich war. Ein Landen auf der Ferse (beispielsweise durch einen etwas größeren Schritt) bedeutete gleich ein erhöhtes Risiko abzurutschen oder sogar wegzuknicken. Ballenarbeit war also absolut obligatorisch. Dieser Dauerarbeit entsprechend sahen dann auch meine Waden nach dem ersten Tag aus …

Nach 6 Stunden Gebirge
Nach 6 Stunden Gebirge

Zu meiner eigenen Überraschung waren auch die Waden die einzigste Muskelgruppe, die sich bei dem ganzen 6-stündigen Auf- und Abstieg in 1000 Höhenmetern bemerkbar machten. Weder Gesäß noch Rücken oder Oberschenkel fühlten sich (wie nämlich früher ohne Ballengang gerade nach dem ersten Tag) überlastet oder strapaziert an. Mit den Waden konnte ich mir glücklicherweise durch einen spezielle Massagekniff auch recht gut selbst helfen (dazu aber in einem separaten Bericht über Faszien und deren Beeinflussung mehr)

Die nächste Frage lautet:

3. Die Belastung der Gelenke beim Abstieg.

Dadurch dass ja auch beim Abstieg ein Großteil der Fallbewegung über den Vorfuß/ Sprunggelenk aber auch durch sehr feine Ausgleichbewegungen im Fußgewölbe bereits im Unterschenkel abgefangen wird (im Ballengang wohlgemerkt und auch nur bei entsprechend leichtem Schuhwerk), mussten die Knie und die Hüften nur noch wenig „Federarbeit“ leisten. Überhaupt kamen Knie und Hüfte genau dann verstärkt zum Einsatz, wenn sehr große Stufen überbrückt werden mussten oder wenn es mal zu einem kleinen Stolperer oder Ausrutscher kam. Im Gebirge kommen solche Stolperer tatsächlich auffallend oft vor, worauf ich weiter unten noch eingehen werde.

Als Ergebnis kann ich hier betonen, dass –abgesehen von der muskulären Mehrarbeit der Unterschenkel- auch hier keinerlei Überlastungen der Knie, Hüften oder der Wirbelsäule zu spüren waren. Auch nach mehreren Tagen nicht.

4. Was war aber mit den Schuhen los? 

 

Schließlich ging es über scharfkantige Felsen (wobei die Alpen gegenüber den Felsen in Kroatien sehr mild sind), über nasses Gestein, über kleine Wasserquellen und auch über feuchtes hohes Gras….

Vom reinen Gehen her muss ich sagen: TOP! Es gab nicht das geringste Problem im Geröll, bei Klettersteigen, bei groben Felsen oder dicken einzelnen Wurzel. Im Gegenteil sogar: Das Profil meiner Schuhe schaut ein wenig lustig aus, erwies sich aber trotz der Weichheit (oder auch wegen!) den Schuhen meiner Mitwanderer mindestens ebenbürtig bis sogar überlegen bei sehr rutschigen Stellen. Der Vorteil der weichen dünnen Sohle (wenn sie wie hier dennoch völlig „stich- und schnittsicher“ ist) liegt darin, dass man sehr schnell schon beim Auftreten bemerkt, wie der Untergrund grob beschaffen ist und vor Allem wie griffig er sich beim ersten kleinen Belasten zeigt. So konnte ich schnell und sicher geeignete Stellen zum Überqueren von glatten Passagen finden. Wenn der Fels sehr schräg war, war es einfach, mich – anders als Wanderer mit ganz fester Sohle – leicht an die Schräge anzupassen und auch in einer flotten, fast schon kletternden Art und Weise über einzelne Felsen vorzuarbeiten.

Wenn es sehr steil nach oben ging (aber dennoch begehbar), ertappte ich mich dabei sogar, tendenziell mit den Fußballen in leichte Hocke zu gehen und auch schnell die Hände zum Aufstieg zu benutzen. Das fühlte sich recht effizient und leicht an.

Dieses „minimale“ Schuhwerk hat aber auch natürlich seine Grenzen: Sobald es wirklich nass wurde, drang durch das Leder und die Sohlennaht recht schnell Wasser ein. Dadurch bekam ich bei einer der Touren nasse und kalte Füße und hätte strenggenommen gleich barfuß weitergehen sollen. Aber dazu unten noch mehr 😉

5. Barfuß!

 

An einem der letzten Tage –es stand eine recht lange Tour an- waren die Außentemperaturen bei sonnigem Wetter sagen wir mal „sehr angenehm“. Für mich ein Anlass, die Schuhe nun ganz wegzulassen und mich so lange wie möglich barfuß an die Aufstiege und Höhenwege dranzumachen. Da meine Fußsohlen grundsätzlich an Barfußgehen auf jeglichem flachem Gelände gewöhnt sind, stellte sich jetzt die Frage, wie es sich anfühlt, über wirkliche Felsen zu gehen. Um es vorwegzunehem: Ja, DAS GEHT!

ballengang_gebirge_barfuss
Barfuss im Gebirge

Ich konnte mich drei Stunden nach oben und über den Höhenweg „arbeiten“ und dennoch die schöne Aussicht genießen. Die ständige Konzentration auf den jeweils nächsten Schritt, das ständige Abschätzen und Ausgleichen von oft sehr spitzen und scharfen Kanten erforderte soviel Energie, dass nach besagten drei Stunden die Aufmerksamkeit allmählich nachließ. Und so passierte etwas sehr Kleines aber dennoch Folgenreiches: An einem der unzähligen Überquerungen eines einzelnen kniehohen Felsens stieß ich mir bei nachziehen des Fußes den vierten Zeh an einem vorstehen Stück Fels an. Es war nur ganz leicht aber genügte, um ein „Knacken“ ertönen zu lassen und den berühmten Schmerz erfahren zu lassen, den jeder kennt, der mal nachts barfuß in der Wohnung gegen eine Schrankkante getreten ist …. Nun, es waren noch etwa 3-4 Stunden Weg vor mir und obwohl meine Gangart schmerztechnisch nun leicht hinkend so fortgeführt werden konnte, entschloss ich mich (klugerweise) meine mitgenommenen leichten Schuhe lieber wieder anzuziehen und zumindest mit einer sichtlichen Erleichterung weiter zu gehen.

Der Zeh wurde im Schuh zwar nicht besser, aber ich konnte ohne weitere solcher Vorfälle die Tour uneingeschränkt fortsetzen.

Am Abend sah das Ganze dann so aus (siehe rechts) aber es bließ nur bei einer sehr leichten Stauchung.

Ballengang_Unfall
Wie ein kleiner Zusammenstoß nach 2 Stunden aussieht

Würde ich wieder barfuß eine solche Strecke gehen?

JA, auf jeden Fall, wenn es nicht kalt/nasskalt ist (das wäre aber dennoch denkbar für reine Barfußgänger, die ja keine Saison kennen)

Aber ich würde keinen ABSTIEG auf Fels so durchführen, weil das Landen immer mit Rutschen und Scheuern verbunden ist und die Füße damit großen Verletzungegefahren ausgesetzt wären. Und ich würde tatsächlich in einem sehr anspruchsvollen Gelände, in dem ständig Fehltritte möglich sind nur so lange barfuß gehen, solange 100% Konzentration gegeben sind. Ähnlich wie jemand, der auf Hochseil balanciert -> Einmal die Konzentration weg und dann passiert’s 😉

Die Vorteile von barfuß sind aber auch hier wie bei jeder Barfußwanderung im viel intensiveren Wandererlebnis und im höchst wirkungsvollen Körpertraining.

Wenn Wanderer mich fragten, wie ich denn überhaupt barfuß gehen könne (also wie das überhaupt bei den Felsen möglich ist), dann konnte ich nur entgegnen, dass dies ein Körpergefühl als Ergebnis von ganz bewusstem Training ist, das dann eben schnell zur Normalität wird.

 

6. Was ist nun mein Fazit aus diesen Erlebnissen:

 

Für Wanderungen jeglicher Art würde ich die Schuhe so minimal wie möglich einpacken und falls möglich, gleich sofort barfuß losgehen.

„Wanderschuhe“ sind für mich als Kategorie viel zu allgemein. Was ich in den Bergen als solche gesehen habe, erfüllen mit Sicherheit ihre Zwecke für Gletschergebiete, oder Wanderungen generell mit kalten und nassen Bedingungen oder bei wirklichem Felsklettern mit Seil. In jedem anderen Gebiet bringen sie im Grunde nichts, sind viel zu schwer und schränken die Bewegungsfreiheit der Füße unnötigerweise ein.

Mit einer guten Gehtechnik, lässt es sich völlig Belastungsfrei und ausdauernd im Gebirge gehen. Sogar barfuß unter bestimmten Bedingungen.

 

Falls Sie ähnliche Erlebnisse haben, würde ich mich freuen, darüber auch etwas lesen zu können. Gerne unten als Kommentar. Ich freue mich über jedes Feedback. Vielen Dank!

 

Ich wünsche viel Spaß beim Wandern aller Art,

Stefan_Heisel_Alpen

 

Ihr Stefan Heisel

PS: Hier die getesteten Schuhe: („Eigenbau“) 🙂

Minimalschuhe für alle Zwecke ;)
Minimalschuhe für alle Zwecke 😉

Nullabsatz, sehr weiche dünne Sohle -> Reifenmaterial, daher abriebfest, weiches Oberleder, schmiegt sich der Fußform an, 100% Zehenfreiheit

Richtig gehen am Strand!?


oder: Wer nutzt tatsächlich barfuß den Ballengang?

Ballengang_Heisel_Strand1

Liebe Leser,

ich höre immer wieder das Argument, dass man barfuß auf einem natürlichen Untergrund automatisch in den Ballengang bzw. Vorfußgang verfällt.

Bei meinem neuerlichen Mittelmeerurlaub packte ich deshalb die Gelegenheit beim Schopfe und beobachtete Menschen, die am Strand entlangliefen. Der folgende kleine Filmausschnitt wurde aus einer zufälligen ca 10-minütigen Aufnahme an einem Strand auf Mallorca zusammengeschnitten. Bevor Sie den Clip anschauen, stellen Sie sich doch mal die Frage, was Sie erwarten bzw. selbst bereits (auch an sich selbst) beobachten konnten:

Wer geht Ballengang….?

 

 

Haben Sie es angesehen? Wie ist das zu erklären? Gehen so viele Menschen grundsätzlich falsch? Kann man auf diesem Sandboden überhaupt den Fußballen nutzen?

Wir haben tatsächlich sehr viele Arten und Nuancen für die Fortbewegung – je nach Untergrund, Tempo, Richtung, Gefälle/Steigung, Schuhwerk, mitgeführter Last und Stimmungslage.

Anders als bei den meisten Landtieren steht uns mit dem Fuß eine große Oberfläche (5 Zehen, Vorfuß, Mittelfuß, Ferse, 28 Knochen, 19 Muskeln, 107 Sehnen/Bänder) und ein entsprechend hoch entwickeltes Nervengeflecht zur Wahrnehmung zur Verfügung. Er steht der Hand dabei in nichts nach.

Dagegen laufen die meisten Landtiere z.B. nur auf je 1 bis 4 Zehen oder auch noch auf dem Vorfußballen, was die Möglichkeiten im Vergleich zum Mensch von vornherein eingrenzt.

Bei einem Pferd stellt sich also nicht die Frage nach Vorfuß oder Ferse.  Ebensowenig beim Hund oder Schwein.

Warum also nutzen offensichtlich die meisten zivilisierten Menschen sogar barfuß am Strand den eher stumpfen Fersengang? 

  • Eine Erklärung besteht für mich darin, dass sich durch sehr frühes Tragen von ungünstigen Schuhen vereint mit dem vorherrschenden Vorbild ein faktisch millionenfach wiederholtes Bewegungsmuster ausgebildet hat, das exakt auf die Situation *„gleichförmiges Gehen auf dem Absatz in harten engen Schuhen auf Asphalt“ konditioniert ist. Durch diese extrem häufige Wiederholung des gleichen Bewegungsablaufs (Wir gehen durchschnittlich 100.000km im ganzen Leben, was in etwa 80 Millionen Schritte bedeutet) und der zusätzlichen Desensibilisierung des Fußes (v.a. in Schuhen) bleibt die bewusste und angemessene Anpassung an die Situation und den Untergrund im Detail aus. Die Füße (und damit auch der gesamte Körper) realisieren nicht mehr ohne Weiteres, dass es auf Sand, auf Gras, auf Stein barfuß jeweils ganz anders ist als in beengenden Schuhen. Ausgenommen es schmerzt richtig (z.B. durch Stacheln, Steinchen) In diesem Fall wird der Gang ohnehin barfuß vorsichtig tastend, was aber nichts mit dem eigentlichen Ballengang (Muskel-/Faszienkette) zu tun hat.

Die Folge davon: Man geht, wenn es nicht gerade schmerzt, auf nahezu jedem ebenen Untergrund nach Schema F (s.o.*), egal ob barfuß oder mit Schuhen. Also auch am Strand auf bestem Ballengangterritorium. 😉

 

  • Eine weitere Erklärung sähe ich noch darin, dass zumindest in tieferem lockerem Sand, der keinen festen Halt und Abdruck bietet, tatsächlich kein Ballengang möglich ist. Hier brauchen wir ähnlich wie bei Schnee einen mehr stapfenden Gang mit mehr Knieeinsatz, der die gesamte Fußfläche als Abdruck nutzt, egal wie wir landen. In dem Video oden ist jedoch das Gehen auf festerem feuchten Sand am Wellenauslauf zu sehen.

 

Kann man sich folglich an diesem Strandabschnitt überhaupt im Ballengang bewegen?

Nun, ich habe selbstverständlich auch immer mal wieder Menschen am Strand (und überhaupt) entdeckt, die barfuß tatsächlich ein nahezu astreines Ballengangmuster benutzen – unbewusst und natürlich. Meistens handelt es sich dabei um Kinder oder junge Erwachsene. Bis dato ist es mir alledings nocht nicht gelungen, ausgerechnet dann schnell genug eine Spontanaufnahme zu machen. Zudem kommt es nicht sehr häufig vor.

Deshalb bat ich jemand, mich an der selben Stelle wie oben gezeigt beim Gehen am Strand zu filmen.

Aber aufgepasst: Wenn Sie genau hinsehen, fällt Ihnen u.a. ein Reflex beim jeweiligen Fuß kurz vor dem Aufsetzen auf, den ich nicht willkürlich steuere und auch nicht im Normaltempo unterdrücken kann. Diese fühlende fächerförmige Spreizbewegung der Zehen sieht man auch bei Kleinkindern sehr deutlich, die gerade sicher gehen können.

Resumée: Wie wir feststellen, geht bei den meisten Menschen nicht alles sofort automatisch richtig, kaum dass man die Schuhe auszieht und durch Sand und Wiese läuft. Auch bei mir dauerte es eine geraume Zeit, bis sich die (auch bei Ihnen bereits vorhendenen) natürlichen Bewegungsmuster wieder entfaltet haben. Aber:

Alles ist möglich, wie ich auch sehr oft von Lesern, Klienten und Kollegen bestätigt bekomme.

Egal wo Sie jetzt stehen wird jeder einzelne bewusste Schritt im nun neuen-alten Ballengangmuster Ihren gesamten Körper funktionstüchtiger machen.

Probieren lohnt in jedem Fall!

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Bewegen und Erforschen,

Ihr Stefan Heisel

 

 

Barfußlaufen empfohlen!


barfuss_laufenSehr geehrte Leser,

heute stelle ich einen interessanten Artikel aus Focus online (Quelle untenstehend) für Sie ein.

Es geht darum, dass Barfußlaufen (und Barfußgehen) – vorausgesetzt, es gibt keine medizinischen Kontraindikationen – immer häufiger von Ärtzten empfohlen wird. Da ich selbst seit über 10 Jahren keinerlei Absätze oder Dämpfung beim Laufen mehr trage und außerhalb von Städten gerne barfuß unterwegs bin, empfehle ich, die Informationen des folgende Interviews zu beherzigen.

(Da ich bereits die Erfahrung machte, dass gute Beiträge online hin und wieder verschwinden, habe ich das Interview vollständig kopiert)

Viel Spaß beim Lesen und herzliche Grüße,

Stefan Heisel

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ZUR PERSON
Professor Rüdiger Reer ist stellvertretender Leiter der Abteilung Sport- und Bewegungsmedizin der Universität Hamburg und Generalsekretär des Deutschen Sportärztebundes.
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„Barfußlaufen trainiert die Fußmuskulatur und sorgt für einen natürlichen Laufstil, sagt Bewegungsmediziner Rüdiger Reer. Er empfiehlt, Hightech-Laufschuhe so früh wie möglich gegen minimalistische Varianten auszutauschen – zumindest, wenn der Arzt seine Zustimmung gibt.

SPIEGEL ONLINE: In der Szene trifft man beim Thema Laufschuhe auf zwei Lager: Die einen bevorzugen stark gedämpfte Hightech-Schuhe, die anderen sind Minimalisten, nutzen Zehenschuhe oder würden am liebsten barfuß laufen. Was sagt die Wissenschaft dazu?

Reer: Am besten wäre es natürlich, barfuß zu laufen. Aber weil wir keine Steinzeitmenschen mehr sind und keine schützende Hornhaut haben, brauchen wir einen gewissen Schutz. Minimalistische Laufschuhe oder Zehenschuhe sind die bessere Variante, weil man mit ihnen natürlicher läuft und die Fußmuskulatur trainiert, während in Hightech-Schuhen der Schuh die ganze Arbeit übernimmt.

SPIEGEL ONLINE: Das heißt: In Hightech-Schuhen laufen wir unnatürlich?

Reer: In gewissem Sinne – ja. Und deswegen ist es gut, mit Zehenschuhen so früh wie möglich anzufangen, weswegen sie vor allem Kindern und Jugendlichen zu empfehlen sind. Bei Kindern hat man noch ein großes Formungspotenzial, was den Fuß angeht. Das Längs- und Quergewölbe des Fußes wird aufgespannt und durch die Muskulatur stabilisiert. In Hightech-Schuhen ist das weniger ausgeprägt.

SPIEGEL ONLINE: Also, klare Empfehlung: nur noch in Zehenschuhen laufen?

Reer: Das kann man so nun auch nicht pauschal sagen, weil Zehenschuhe nicht für jeden geeignet sind, beispielsweise nicht für Leute mit Fußerkrankungen oder Fehlstellungen des Fußgewölbes, die Einlagen benötigen. Das muss man immer im individuellen Fall entscheiden. Am besten ist es, bevor man sich Zehenschuhe kauft, eine Bewegungsanalyse oder sogar eine sportmedizinische Untersuchung zu machen.

SPIEGEL ONLINE: Warum ist es eigentlich so wichtig, die Fußmuskulatur zu trainieren?

Reer: Sie stabilisiert den Fuß und schützt die Achillessehne. Aber es geht noch um mehr. Der Fuß ist ja das letzte Glied in der Körperkette. Probleme in der Fußmuskulatur können sich auch auf das Becken und den Rücken auswirken.

SPIEGEL ONLINE: Kann man mit Zehenschuhen einfach so loslaufen wie mit normalen?

Reer: Nein. Eben weil wir es nicht mehr gewöhnt sind, barfuß zu laufen, wirken stärkere Kräfte auf den Fuß und auf die Achillessehne. Also: langsam angehen lassen und vorsichtig steigern, sonst kann es zu Verletzungen und Schädigungen infolge von Überlastung kommen. Und man muss sich natürlich auch erst nach und nach den anderen Laufstil angewöhnen.

SPIEGEL ONLINE: Anderer Laufstil?

Reer: Beim Barfußlaufen oder Laufen mit minimalistischen Schuhen wird bei höheren Geschwindigkeiten der Vorderfußlauf bevorzugt, bei längeren Strecken und niedrigeren Geschwindigkeiten der Fersen- oder Rückfußlauf. Die Umstellung auf den richtigen Laufstil passiert automatisch, man sollte nicht versuchen, mit aller Macht seinen Laufstill umzupolen.

SPIEGEL ONLINE: Wenn der Schuh also den Laufstil vorgibt und Hightech-Schuhe uns zu einem unnatürlichen Laufstil zwingen – welchen Sinn machen dann die Laufstilanalysen beim Sportschuhkauf?

Reer: Die Analyse müssen Sie immer in Bezug auf den Schuh sehen. Es wird analysiert, inwiefern der neue Schuh zu Ihrem bereits antrainierten Laufstil und der anatomischen Beschaffenheit des Fußes passt.

SPIEGEL ONLINE: Der Laufstil ist ja aber von vornherein schon nicht mehr natürlich.

Reer: Ja, das stimmt. Aber das ist nun mal die Realität. Wir laufen alle nicht mehr barfuß. Und Sie müssen ja auch bedenken, dass viele Menschen anatomische Besonderheiten haben. Der eine läuft beispielsweise mehr nach innen, der andere nach außen. Und darauf kann man die Schuhauswahl abstimmen. Insofern ist die Analyse schon sinnvoll.

[Anmerkung: Die anatomische Form des Fußes ist durchaus in vielen Fällen veränderbar – beispielsweise durch richtiges Gehen, Spiraldynamik oder Faszientherapie. Stefan Heisel]

SPIEGEL ONLINE: Es hieß früher immer, Hightech-Schuhe wären gelenkschonender, weil sie den Aufprall mehr dämpfen. Zehenschuhe dämpfen gar nichts mehr, werden aber trotzdem empfohlen. War das nun alles falsch mit dem Gelenkschonen?

Reer: Nein, das war nicht falsch, aber es war zu einseitig gedacht. Man hat einfach nicht bedacht, dass ja der Fuß selbst gut dämpfen kann, wenn seine Muskulatur ans Barfußlaufen oder Laufen mit Zehenschuhen gewöhnt wurde. Nach heutigem Kenntnisstand ist klar: Diese massive Dämpfung, die noch vor einigen Jahren vielfach propagiert wurde, ist nicht nötig und auch nicht sinnvoll, weil sie die natürlichen Systeme ausschaltet und verkümmern lässt. Die Laufschuhindustrie hat diesen Trend mittlerweile auch erkannt, viele große Hersteller haben Minimalschuhe im Angebot und sind damit erfolgreich. Dennoch: Für Leute mit Fuß- oder Rückenproblemen sind Hightech-Schuhe mit Dämpfung gegebenenfalls sinnvoll.“

Das Interview führte Jens Lubbadeh.

Quelle:

http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/barfussschuhe-besser-zum-joggen-als-hightech-schuhe-a-922878.html

Barfuß durchs Felsenmeer


Naturerlebnis_Ballengang_Felsenmeer1
Felsenmeer Lautertal bei Bensheim im Odenwald

(Aus der Seite www.naturerlebnis-ballengang.de)

Hallo liebe Leser,

ich möchte gerne von einem besonderen Naturerlebnis-Ballengang berichten.

Am 1. Mai unternahm ich mit einer Gruppe befreundeter/bekannter Familien einen Ausflug zum Felsenmeer Lautertal bei Bensheim im Odenwald (leicht zu erreichen über A5 Ausfahrt Bensheim -> B47)

Gleich zu Beginn musste ich feststellen, dass dieses äußerst bemerkenswerte Naturdenkmal (leider) auch touristisch überaus gepflegt, um nicht zu sagen komplett ausgereizt, ist. Angefangen bei den extra angelegten kostenpflichtigen Parkplätzen über das reichlich mit Merchandising ausgestattete Info-Gebäude und dem geleckt wirkenden frisch gepflasterten Zugangsweg zum Waldrand, bis zum obligatorischen Esskiosk am Ende des sich über 2 km erstreckenden Felsenmeer-Anstiegs.

Neben den eigentlichen Felsen „beeindruckte“ mich an diesem Tag auch die Masse an Besuchern, die einem riesigen Pilgerzug glich, um über die großen runden Steinhaufen mit Kind und Kegel das gelobte Land zu erreichen. 😉

Wie dem auch sei: Die Herausforderung einer schönen Kletterpartie stand und die möglichen Risiken einer Verletzung sah ich an diesem 1. Mai 2013 eher darin, von jemandes dicken Wanderschuhen auf die Füße getreten zu bekommen als irgendwo abzurutschen oder in einen spitzen Ast zu treten. Also raus aus dem Auto und aus den Schuhen und rein ins Vergnügen ….

Wenn man barfuß unterwegs ist, bekommen jegliche Bewegungen eine zusätzliche Wahrnehmungsqualität: die Beschaffenheit des Untergrundes. Jeder einzelne Schritt (besonders auf nicht glattem, ebenem Boden) bewirkt einen unwillkürlichen sehr feinen Ausgleichreflex im ganzen Körper. Man unterscheidet zwischen kleinen, mittleren und größeren Steinchen, zwischen abgerundeten und spitzen Steinen, zwischen trocken, feucht und nass, zwischen kalt, kühlend, warm, wärmend, heiß, zwischen Sand, Erde, Stein, Holz, Teer, Metall, …, zwischen hart, weich und kuschelweich, und vieles mehr. Dadurch gewinnt jeder Gang, jede Wanderung deutlich an Erlebnisqualität.

Die Materie nimmt unmittelbaren Einfluss neben dem Duft, den Geräuschen, der Optik, dem WInd und der Lufttemperatur.

Felsenmeer: Der Aufstieg
Felsenmeer: Der Aufstieg

Das barfüßige Klettern stellte wieder eine neue Erfahrung dar: Gerade an diesem Tag waren einige Felsen noch feucht und damit mehr oder weniger glitschig. Der Schrägheitsgrad variierte stufenlos, so dass die „Rutschgrenze“ – neben dem eigentlichen Bewältigen der Stufen und Spalten – immer neu erfühlt werden musste. Durch das unmittelbare Abtasten durch die nackte Fußsohle war schon bei der ersten Berührung spürbar, ob und wie der Fels begehbar ist. Genau so, als würde man jeden Stein vorher mit den Händen abtasten.

An einigen Stellen, an denen ich mich abstütze oder zog, stellte sich das Gefühl ein, ich würde mich auf vier Händen fortbewegen. Ein Zustand, der mit keinerlei Schuhwerk außer diesem erreichbar ist. 🙂 Speziell fügten sich auch die Zehen in jede Ritze und Erhebung ein und beanspruchten damit das Muskel- und Nervensystem besonders intensiv. So wurde der Aufstieg zu einem abwechslungsreichen Abenteuer und bedeutete ein äußerst ausgefülltes körperliches Erlebnis.

Die Gefahren: herausschauende Eisenpfähle
Die Gefahren: herausschauende Eisenpfähle

Über Nutzen und Bedeutung des Fußballens möchte ich an dieser Stelle nicht detailliert eingehen, weil jeglicher Auf- und Abstieg ohnehin nur mit außschließlichem Balleneinsatz möglich ist. Insofern kann man Barfuß-Klettern als mitunter beste Förderung des Ballengangs bezeichnen.

Zum Abschluss sei noch, rein obligatorisch, die nicht minder interessante Reaktion der Menschen erwähnt:

Es waren an diesem Tag mehrere hundert Unternehmenslustige, meist in familiärer Aufstellung, unterwegs, sodass an manchen engeren Passagen des Aufstiegs regelrechte Warteschlaggen entstanden. Ich war der einzigste, der barfuß unterwegs war und fiel mit diesem Umstand an diesem Ort stärker auf als ein vollgepiercter Punkt mit Ratte auf der Schulter im Schlosspark. Um mich herum bildeten sich Gespräche, meist zwischen fragenden Kindern und erklärenden Erwachsenen: „Schau mal, der hat nackte Füße!“ „Warum hat der Mann keine Schuhe an?“ …. Eine der witzigeren Erklärungen, die ich mitbekommen war jene, dass ich wohl ein Spiel spielen würde, um zu sehen, wie schnell man ohne Schuhe die Steine hinauf klettern kann. Von seiten meiner Gruppe, mit der ich ja unterwegs war, betonte einer regelmäßig, wie „hart“ mein barfuß Gehen sei. Jemand anderes fragte mich immerhin, was ich von Barfußschuhen halte. Immerhin! 🙂

Wie angenehm: Die Wahnehmungsvielfalt!
Wie angenehm: Die Wahnehmungsvielfalt!

Angesichte meines eigenen Erlebens und der Selbstverständlichkeit meines Tuns (das ja im Grunde genommen überhaupt nichts besonderes ist) wurde mir immer unverständlicher, weshalb man bei gemäßigten Temperaturen zumindest in der freien Natur überhaupt Schuhe trägt. Ich glaube, wer wirklich einmal ganz intensiv gespürt hat, welche positiven Sinneseindrücke der direkte Bodenkontakt mit der nackten Fußsohle hinterlässt, wer dann von selbst beginnt, sich im Ballengang – und damit viel aufrechter und leichter zu bewegen, der wird nur widerwillig auf solch ein Erlebnis verzichten! Ein kompletter Wahrnehmungszweig fiele damit ersatzlos weg! Schließlich verbindet sich ja auch niemand ohne Not Augen, Ohren oder Nase, wenn er doch die Natur genießen möchte, oder?

Mit diesen Eindrücken und der unbedingten Empfehlung zum barfuß Gehen in der Natur verbleibe ich mit besten Grüßen,

Stefan Heisel

Quelle: http://wp.me/p3sjdV-T

Ballengang in Barfußschuhen?


Die idealen Schuhe für Ballengang sehen genau so aus:

Barfußschuhe zum richtigen Gehen im Ballengang
Barfußschuhe zum richtigen Gehen im Ballengang

Liebe Leser,

seit ein paar Jahren hat sich ein neuer Markt innerhalb der Schuhindustrie etabliert, der Rubriken wie „Barfußschuhe“ oder „Minimalschuhe“ nennt. Zielgruppe sind Menschen, die ihr Bewusstsein auf mehr Körpergefühl und Körperbewusstsein gelegt haben und beispielsweise daher viel mehr barfuß gehen oder auch laufen. Einige Menschen bewegen sich sogar fast nur noch ausschließlich barfuß. Die anderen, die zwar spüren, dass barfuß ein unvergleichlich besseres Körpergefühl erzeugt, die aber dennoch gerne etwas an den Füßen hätten (alleine zum Schutz), benötigen eine Art Kompromiss.

Also so etwas wie einen Schuh, der eigentlich irgendwo doch keiner ist. Und ein super Begriff dafür ist das Paradoxon „Barfußschuh“ (Er heißt nicht so, weil man ihn ohne Strümpfe tragen kann, sondern, weil er sich „wie barfuß“ anfühlen soll)

Alleine schon von der Begrifflichkeit gibt es es so etwas nicht. Da passt „Minimalschuh“ schon viel besser, weil hier ehrlich von einem Schuh die Rede ist, der versucht, nur soviel an Material um den Fuß zu packen, wie technisch derzeit möglich.

Letzten Endes ist es aber völlig gleich, welchen Namen man dem Schuh gibt, es bleibt ein solcher, besonders, wenn das Design dann auch noch so gestaltet ist, dass er von außen möglichst so ausschaut wie ein wirklicher „stinknormaler“ Schuh, ohne den Anspruch auf besonderes Gehgefühl zu erheben.

Also: Der handelsübliche Barfußschuh soll folgendes leisten:

– den Fuß so wenig wie möglich vom barfuß-Zustand entfernen (leicht; ohne Einengungen; flache, dünnstmögliche flexible Sohle)

– er sollte haltbar sein und sich nicht zu schnell ablaufen (Sohlenbeständigkeit)

– er sollte warm genug halten in der kalten Jahreszeit

– er sollte nicht sehr auffällig gegenüber dem Mainstream aussehen (denn sonst könnte man gleich barfuß gehen 🙂 ) Es sei denn, es handelt sich um einen reinen Outdoorschuh, den man in der zivilen Welt ohnehin nicht trägt. Wobei man dann ja kaum noch Gründe hat, nicht gleich barfuß zu gehen oder zu laufen ….

Mit anderen Worten, der Schuh muss sich zwischen dem, was er können soll und welchen Schein er erwecken soll, regelrecht verbiegen.

Und wozu das alles? Damit der Träger des Schuhs der Illusion erlegen ist, einen per definitione und verbrieften einzig vernünftigen Schuh für natürliches Gehen zu tragen 🙂 ….

Da schon das Tragen von Baumwollsocken die feinen Wahrnehmungen von Fußsohle und Zehen nahezu komplett ausschaltet, erübrigt es sich, zu hoffen, dass eine wenige Millimeter dicke Ledersohle den Fuß irgendetwas wesentliches vom Untergrund spüren lässt. Das kann man auch damit vergleichen als würde man Handschuhe von mindestens 3 mm Dicke tragen und dann ohne zusätzliche Pflegekraft seine täglichen Verrichtungen zu meistern. (Die Hände verfügen über eine ähnliche sensible Nervenstruktur wie die Füße, auch wenn bei uns die Füße andere Aufgaben haben.)

Also was soll man jetzt konkret tun, um eine andere Wahl zu haben als ein reiner Barfußgänger durch alle Jahreszeiten und alle Begebenheiten zu werden? Auch sehr einfache „Naturvölker“, insbesondere solche, die in kälteren Regionen der Erde leb(t)en, waren Schuhträger und gleichzeitig hervorragende Läufer. Ihre Schuhe hatten gegenüber 99% unserer Schuhe, egal wer sie herstellt, einen entscheidenden Vorteil:

Sie sind absolut und ausschließlich ZWECKGEBUNDEN und gleichzeitig perfekt aus den zur verfügung stehenden RESSOURCEN hergestellt. Schuhe, die die Jäger in irgendeiner Weise behindert hätten, bedeuteten eine geringere Jagdausbeute und damit weniger Überlebensschancen. Hierzu gibt es aber in der späteren Kultur keine Notwendigkeit mehr und Schuhe wurden zum modischen und standesmäßigen Accesoire ohne wirkliche Zweckgebundenheit, die mit Gehen oder Laufen zu tun hat. Zunächst für die Wohlhabenderen als Statussymbol (barfuß galt bekanntlich als Zeichen der Armut und ist es heute IMMER NOCH!)) Später konnten Schuhe industriell sehr günstig und in sehr schlechter Qualität aber mit gutem (also der Gesellschaft angepasstem) äußeren Erscheinungsbild quasi an jedermann abgegeben werden. WELCH EIN FORTSCHRITT! … 🙂

In den letzten Jahren hat sich abgezeichnet, dass Schäden an den Füßen durch den Verursacher selbst, nämlich den Schuh, auch angeblich wieder behoben werden können: Die Geburtsstunde des Fußbetts und der orthopädischen Einlagen. (Sicherlich gibt es angeborene Handicaps, die tatsächlich durch Prothesen oder Orthesen eine unersetzliche Hilfe erfahren, aber das soll hier nicht Thema sein) Obwohl Ärzte immer wieder das Barfußgehen als beste Therapie und Prophylaxe für sämtliche selbstverursachten Haltungen und Fußschäden empfehlen, gebietet die Industrie/Wirtschaft auch gleichzeitig, im Grundsatz sinnfreie Prothesen für jedermann zu verordnen/verkaufen und zu produzieren. Heute sind wir gerade in dem Trend, dass viel einfallsreichere Produkte rund um den Fuß vertrieben werden, bloß um die einfachste Lösung (barfuß) kostenintensiv zu umgehen. Seien es konvex abgerundete Sohlen (die mittlerweile gar nicht mehr vom ursprünglichen Markteinführer empfohlen werden, aber immer noch aufgrund der erzeugten Nachfrage fleißig produziert werden) oder seien es Schuhe mit extrem weicher federnder Innensohle, Schuhe und Strümpfe mit einzelnen Zehen, oder mit rekordverdächtig dünnen Sohlen aus teils natürlichem und teils sythetischem Material. Ja, sogar Sportschuhe, die die Muskulatur so anregen, dass man davon abnehmen soll, werden angeboten.

Aber wie soll man sich noch zurechtfinden als jemand, der seit langem oder kurzen genau spürt, was seinem Körper an Gehbewegung gut tut und feststellt, dass dies nur barfuß richtig möglich ist?

——————————————————

Dazu gebe ich drei Tipps, die auch inhaltlich auch gegen Ende des Email-Kurses nach etlichen Lektionen zuvor noch differenzierter gegeben werden:

1. Seien Sie sich darüber bewusst, welche Eigenschaften Schuhe auf gar keinen Fall haben sollten, wenn Sie sich damit fortbewegen möchten. Als Wichtigstes wären zu nennen:

Absätze bzw Sprengung, egal wie niedrig (Veränderung der Körperstruktur -> bergab-Effekt)

steife Sohle (keine Ballennutzung möglich)

seitliche Eineingung des Vorfußes und der Zehen (Gleichgewichtsverlust, Eingeschränkte Ballenfunktionalität und Gefahr von Deformationen)

Schaft über die Knöchel (Einschränkung des Sprunggelenks und der Ballenfunktion)

künstliche Materialien (Stinkfüße, Entzündungen, chemische Rückstände durch die Haut)

2. Bestimmen Sie für sich, welche Eigenschaften ihr Schuh, je nach Zweck, auf jeden Fall haben sollte, z.B.

– sollte er in jedem Fall bequem sein, und er sollte genau passen; dann sollte lange nichts folgen und dann

– sollte er seinen Zweck (also weshalb Sie nicht gleich barfuß gehen) gut erfüllen: Wärme, Schutz, Bauart (z.B. zum Motorradfahren, Tanzen, Schneewandern, ….)

– sollte er zu ihrer Persönlichkeit passen und nicht einem Trend folgen (was sehr schwer zu unterscheiden ist, weil Trends unterbewusst wirken)

3. Sobald Sie irgendwelche Schuhe tragen, müssen Sie ihr GANGMUSTER DEM SCHUH ANPASSEN!!

Immer wieder werde ich gefragt, in welchen Schuhen denn der Ballengang am besten funktioniert, so dass man „wie barfuß“ damit geht. Die Antwort lautet: Ihr Körper wird sich auf jedes einzelne Paar Schuhe immer wieder neu einstellen müssen! Ohne Ausnahme und ohne „einfacheren Weg“.

Das bedeutet klartext: Wie schon des Öfteren erwähnt, ist das Gehen ein Prozess, der aus jeder Faser des Körpers unterstützt wird. Desweiteren wird auch die Schwerkraft und die besondere Anatomie unseres Aufrechtseins zur Erleichterung des Gehens genutzt. Jeder wird festgestellt haben, dass er barfuß auf Sand ganz anders laufen muss als auf Gras und da wieder anders als auf Stein oder Fels und wieder ganz anders, wenn er durch Wasser watet. Und genau so verhält es sich mit unterschiedlichen Schuhen!

Mal müssen Sie mehr die Knie einsetzen, mal mehr das Sprunggelenk, mal mehr die Ferse, mal mehr den Ballen, mal laden Schuhe, je nach Untergrund regelrecht zum hüpfen ein, und ein anderes mal kann man nicht anders als zu trotten. Das ist ganz normal und ist auch insofern nicht „schlimm“, solange es immer eine ABWECHSLUNG gibt.

Die Kunst liegt hier darin, seinen Körper in jedem Fall so effizient und damit natürlich, wie es die Umstände gebieten, bewegen zu können. Und genau das ist auch der Grund, weshalb es viel Sinn macht, sich mit der Beweglichkeit seines Körpers – auch in Nuancen- auseinanderzusetzen.

Und ich denke, deshalb sind Sie, lieber Leser ja auch hier zu Gast! 🙂

Also, gehen Sie (im Ballengang) mit offenen Augen durch die Geschäfte und begutachten Sie Schuhe nach den oben genannten Kriterien, ungeachtet von Trends oder Marken (es sei denn, dies gehört zu Ihrer Persönlichkeit).

Ich selbst mache damit sehr gute Erfahrungen, finde in den ungeahntesten Momenten im Augenwinkel genau dann einen super Schuh, wenn ich eigentlich gar nicht damit rechnete. (wie das meistens der Fall ist, wenn man etwas bestimmtes sucht 😉 )

Ich wünsche Ihnen viel Glück und Erfolg bei der korrekten Schuhwahl. Am besten wäre ja der oben abgebildete Schuh, ganz ehrlich!

Viele Grüße, Stefan Heisel

PS: Ich empfehle zu diesem Thema auch die Teilnahme am email-Fernkurs

>„Richtig Gehen Lernen im Ballengang“<-

Ab wann können Kinder richtig laufen


Kinder_richtig_laufen_Ballengang
Sind Kinder unsere Vorbilder beim Laufen?

Liebe Leser,

in einem recht aktuellen Bericht der Sendung „Kopfball“ des WDR wurde anhand von Videoanalysen die Entwicklung des Laufens bei verschieden alten Kindern zwischen 2 und 11 Jahren dargestellt.

Bei diesen Videoaufnahmen, die Sie bei unten stehenden Link ansehen können, samt Bericht, erkennt man sehr deutlich, wie unterschiedlich Kinder sich bewegen, besonders hinsichtlich ihrer Proportionen und ihrer körperlichen Entwicklung.

Von Ballengang bzw. Ballenlauf ist interessanterweise nur bei dem 11-jährigen Mädchen etwas zu erkennen. Gerade der 2-jährige kann mit seinem physiologischen (also entwicklungstechnisch „normalen“) Knickfuß und den x-Beinen noch gar nicht sicher über den Ballen laufen, auch fehlt die Kraft für den dafür notwendigen Abdruck mit dem Ballen des hinteren Beines. (Dazu muss ich auch, etwas schmunzelnd, erwähnen, dass in der Nachbarschaft eines Bekannten von mir ein ca 18 Monate altes Kind ein Stockwerk tiefer lebt, das man sehr häufig „wie ein Maschinengewehr“ durch die Wohnung rennen hört. Die kurzen Beine machen eine ganz schön hohe Frequenz in „bummbummbummbummbummbumm“ – auch hier findet beim Laufen kein Ballengang statt.) Bei dem 7-jährigen Kind liegt eine Assymetrie vor. Der linke Fuß läuft über den Ballen, der rechte über die Ferse. Darauf wird natürlich nicht eingegangen, obwohl das überdeutlich ist. Ebensowenig wie auf generelle Bewegungsauffälligkeiten, die Kinder in jedem Alter haben können und diesen Versuch bei Einzelfällen ja eigentlich allgemein unbrauchbar bzw. ungültig machen. 😉

Davon abgesehen bildet sich das Fußgewölbe ungefähr innerhalb der ersten sechs Lebensjahre überhaupt erst richtig aus- später dann die Knieposition. VORAUSGESETZT das Kind durfte sehr viel barfuß gehen und auch viele Untergründe ergründen! Daher kann man zuvor noch nicht von einem Gehmuster sprechen, das ein ausgewachsener Mensch imitieren sollte bzw. woran er sich zwingend orientieren sollte. Uns bleibt nichts anderes als unserem Körpergefühl zu trauen und uns notfalls an Menschen zu orientieren, die über viel Körperbewusstsein und Praxis verfügen.

Dennoch finde ich die Aufnahmen, eventuell auch für Fachleute aus der Sportmedizin, Physiotherapie etc., recht interessant, da man sehr viel erkennen kann. Hier also der Bericht des WDR:

Ballengang_Laufen_Lernen_Kinder

Viel Spaß und viele Grüße von Stefan Heisel

Ballengang lernen im Tango Argentino


Hallo liebe Leser,

heute schreibe ich schon wieder ein wenig über den Tango Argentino und das Gehen lernen in dieser Bewegungskunst. Denn ich habe einen wirklich guten Blogartikel einer Tangobegeisterten gefunden Was die Tango-Studentin beschreibt ist eigentlich kein Tango Argentino, sondern es ist unsere Natur, unsere jedem innewohnende Körperintelligenz (die ja leider bei sehr vielen Menschen abhanden kommt). Deshalb freute mich dieser sehr schön artikulierte Artikel ganz besonders und ich möchte ihn euch nicht vorenthalten. Viel Spaß beim Lesen, staunen, nicken oder schmunzeln!

Mit freundlicher Genehmigung der begeisterten Bloggerin toscabelle :

(Hervorhebungen von mir)

„Zu Beginn jeder Tango-Stunde lässt mein Lehrer mich GEHEN. Er behauptet, für das Tango Tanzen muss man GEHEN lernen – das ist sozusagen die wichtigste Grundzutat, ohne der keine Figur, keine Schritte zu einem wirklichen Tango werden. Von vielen Jahren ist die Rede, die man braucht, um das zu lernen und mein Herz sinkt mir in die Kniekehlen. Warum um Himmels willen muss ich neu GEHEN lernen – bin doch bisher ganz wacker durch mein Leben gegangen!

Aber da ich ja nun mit dem Tango-Fieber infiziert bin, versuche ich, auch zwischen den Stunden wann immer möglich die Bewegungen zu üben. Und was ist nahe liegender, als eben auf das GEHEN zu achten? Ich gehe also anders durch die Welt, achte auf dem Weg zum Supermarkt, beim Spazieren gehen auf den neu gelernten Gang und bin beeindruckt vom Resultat – mein Gang und mein Körpergefühl verändert sich. Ich gehe aufrechter, etwas mehr nach vorne ausgerichtet, mit einer viel weicheren Hüftbewegung und fühle mich ausgesprochen wohl dabei.

Nur langsam beginne ich zu begreifen, warum das so ausgiebig geübt wird.

Da ist die erste Ebene: Beim „normalen“ GEHEN setzen wir die Füße etwas schräg auseinander, nie parallel oder gar ein Fuß vor dem anderen. Beim Tanzen brauchen wir einen solchen parallelen schmalen Schritt, um nicht wie angetüdelt von rechts nach links zu schwanken. Wir versuchen also, die Schritte parallel auf einer gedachten Linie zu setzen. Das ist ungewohnt und braucht Übung. Soweit so gut.

Aber nun kommt noch eine zweite Ebene hinzu: wir versuchen, die Füße nicht mit dem Hacken zuerst aufzusetzen, sondern recht flach mit den Ballen zuerst. Es mutet ein wenig wie Schleichen an. Die meisten Menschen in unserem westlichen Kulturkreis setzen beim Gehen zunächst den Hacken auf und rollen dann mit dem restlichen Fuß ab. Beim Tango-Tanzen haben wir allerdings fast ständig 90% unseres Gewichtes auf den Ballen. Das macht uns flexibel und wendig, offen für jede neue Bewegung, für jeden Impuls. Gleichzeitig viel stabiler.

Beim Durchforsten des Netzes bin ich über den Begriff BALLENGANG gestolpert. Forscher haben beobachtet, dass generell Kinder oder aber Menschen, die viel barfuß gehen, beim GEHEN zunächst den Ballen des Fußes aufsetzen und erst dann zur Ferse abrollen. Dies ergibt einen weichen Gang ohne viel Erschütterungen. Mit dem Tragen von Schuhen verändert sich der Gang – es wird zuerst die Ferse aufgesetzt und dann über den restlichen Fuß abgerollt. Laut den Forschern führt die starke Erschütterung beim Aufsetzen der Ferse zu Haltungsproblemen, da die Kraft des Aufsetzens direkt und ungefedert an die Gelenke bis zur Wirbelsäule weiter gegeben wird und dort Schäden verursachen kann. Beim Ballengang hingegen wird die Kraft abgefedert. Anscheinend ist das der „natürlichere“ Gang, der zu einer aufrechteren, dynamischeren und selbstbewussteren Haltung führen soll. Hier kann noch mehr über den Ballengang nachgelesen werden: [Verlinkung auf diesen Blog)

… Zurück zum Tango. Beim GEHEN LERNEN für den Tango lernen wir also eigentlich eine natürliche, leider verlernte Art und Weise zu GEHEN, die uns aufrechter und mit besserem Gefühl für den Körper-Mittelpunkt bewegen lässt. Dabei wird nur vordergründig die Art und Weise zu GEHEN verändert, viel wichtiger ist das Körpergefühl, welches so nachhaltig verändert wird und überhaupt erst den Grundstock für das Tango-Tanzen legt.

Auch wenn es also 10 Jahre dauert, bis ich richtig GEHEN kann, jeder Schritt lohnt sich und verändert mein Körpergefühl und die Selbstsicherheit in meinen Bewegungen. Ich tanze weiter heimlich Tango auf dem Weg zum Supermarkt… „

Quelle: http://icantango.blogspot.de/2013/01/gehen-lernen.html

Geheimnisse des Laufens


Sehr geehrter Leser,

in einem Bericht der New York Times (vom 15.Oktober 2012) wurde eine interessante Studie beschrieben. Es ging um die Frage, welcher Laufstil denn der effektivste bzw. der natürlichere sei.

Film: Vielfalt der Weltelite-Läufer (Wie man sieht, sind Fersen-, Mittelfuß-, und Ballenlauf vertreten)

zum Clip:  ->  Myths of running

(Man verzeihe den unvermeidbaren willkürlichen Werbespot im Vorspann …. :/ )

Zusammenfassung der Ergebnisse:

– Beim Sprinten wird der Ballenlauf vorwiegend eingesetzt, während es bei Langstreckenläufern große Unterschiede gibt

– Einige Langstreckenläufer laufen über die Ferse, einige über den Mittelfuß und sehr wenige sind Ballenläufer (das gilt für männliche wie weibliche Läufer- weltweit)

– Läufer brauchen mehr Energie für die selbe Strecke, wenn sie ihren persönlichen natürlichen Laufstil ändern

– Läufer, die in Schuhen auf der Ferse landen, wechseln barfuß häufig unbewusst in den Mittelfußlauf

– Barfußläufer brauchen für die gleiche Strecke und Geschwindigkeit 3-4% weniger Energie, wenn sie sehr leichte Minimalschuhe tragen

– Schuhe mit sehr leichter Dämpfung und Bauart sind effektiver als starkgedämpfte Schuhe

– die schnellsten Langstreckenläufer sind meistens Fersenläufer

zum original Artikel: http://well.blogs.nytimes.com/2012/10/15/myths-of-running-forefoot-barefoot-and-otherwise/

Kommentar: In einem weiteren Artikel – ebenfalls aus der NY-Times- wird auch zwischen afrikanischen Läufern verglichen, die barfuß gehend aufgewachsen sind

Die Ergebnisse sind ähnnlich: Die meisten Läufer landen auf Ferse oder Mittelfuß, während sehr wenige wirklich auf dem Ballen landen, zudem hängt dies auch vom Alter ab und davon, ob sie momentan in Schuhen laufen oder nicht.

-> Für mich sind die hier vorgestellten Ergebnisse wenig überraschend, siehe auch Beitrag https://ballengang.wordpress.com/2013/03/10/richtiges-gehen-falsches-gehen/

– Wer einen sehr vertrauten Bewegungsablauf abändert, verbraucht immer mehr Energie, da die Feinabstimmung Jahre dauert,

– Die Qualität des Laufens und Gehens hängt weit mehr vom Abdruck und dem Zusammenspiel des ganzes Körpers ab als von der Art des Landens auf dem Boden.

– Schuhe, die den Fuß sinnvoll schützen, ohne seine Funktion zu beeinträchtigen, können zweckgebundene Bewegungsarten positiv unterstützen

Viele Grüße, Stefan Heisel

Erfahrungsbericht eines Barfuß-Einsteigers


Sehr geehrte Leser, mit Erlaubnis von Bernd Kaufmann stelle ich seinen Bericht über seinen Einstieg ins Barfußgehen ein. Ich finde vor allem die körperlichen Veränderungen und – einhergehend – auch das allgemeine Befinden recht beeindruckend und motivierend.

Viel Spaß beim Lesen!

Mein Einstieg ins Barfußlaufen

Datum 20.03.13

Artikel von Bernd Kaufmann

Ich bin vor etwas über einem Jahr über das Barfußlaufen gestolpert. Wie ich inzwischen festgestellt habe, ist es mir ergangen wie vielen Anderen – ich wurde inspiriert durch das Buch “Born to Run – Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt” von Christopher McDougall. Falls Du es noch nicht gelesen hast – ich kann es sehr empfehlen.

Nach der Lektüre des Buches habe ich mir meine ersten Barfußschuhe gekauft (ein Erfahrungsbericht zu meinen ersten Barfußschuhen gibt es in einem der nächsten Artikel). Hätte ich damals geahnt, welche Auswirkungen das Barfußlaufen auf meine Füße hat, hätte ich auf jeden Fall eine Fotodokumentation meiner Füße gemacht, um den faszinierenden Wandel festzuhalten. Aber davon ahnte ich leider vor einem Jahr noch nichts.

Falls jemand von Euch da besser vorgegangen ist und Bilder seiner Füße vor dem Barfußlaufen und nach längerer Zeit des Barfußlaufens hat, ich veröffentliche Sie gerne als Beispiele.

Wenn Du auch Lust hast einen Selbstversuch mit Barfußlaufen zu starten, hier meine definitive Empfehlung bevor Du damit anfängst (teilweise entnommen aus dem Buch“Run Barefoot Run Healthy” von Ashish Mukharji):

  • Fotografiere Deine Füße, sowohl die Fußsohlen als auch die Fußrücken
  • Fotografiere ebenso Deine “nassen” Fußabdrücke
  • Falls es möglich ist, lasse Dir in einem Orthopädiegeschäft eine Fußdruckmessung machen. Hierbei läuft man über eine spezielle Druckmessplatte, welche die Druckverteilung optisch sichtbar macht.
  • Notiere Dir, wie Dein Fuß aussieht, wie er sich anfühlt. Riechen Deine Füße? Empfindest Du Deine Füße als attraktiv oder unattraktiv? Ist die Haut glatt oder rau? Sind Schwielen, Blasen oder Hühneraugen an den Füßen? Wie sehen die Zehennägel aus? Zeigst Du Deine Füße gerne oder eher nicht? Hättest Du gerne, dass Deine Füße anders aussehen? Wenn ja – wie?

Was mit meinen Füßen seit dem Barfußlaufen passiert ist?

Ich mochte meine Füße nie. Meine Zehen waren (für mich in gefühlter Entspannung) “eingekrallt” und alle Zehen lagen dicht aneinander. Die Haut an meinen Füßen war sehr trocken. An den Füßen hatte ich Hornhaut und Schwielen, insbesondere am Ballen im Bereich der zweiten und dritten Zehen. Wie ich bei einer Messung der Druckverteilung des Fußes im Stehen etwas frustriert feststellen musste, war es mir selbst bei bewusster Anstrengung nicht möglich den linken “Großen Zehen” auf den Boden und somit in Kontakt mit der Druckmessplatte zu bekommen. Bei der Abrollbewegung im Gehen ging diese Bewegung nicht, wie wohl üblich, über eben diesen Großen Zehen, sondern über den Zehen daneben bzw. vom Ballen direkt in die Luft, ohne die Zehen groß einzusetzen. Kein Wunder also, dass ich am Ballen so starke Hornhaut und Schwielen hatte.
Nach einem Jahr fast ausschließlichem Barfußlaufen, wobei ich das Laufen in Barfußschuhen hier mit einrechne (auch so ein Thema!), haben sich meine Füße so stark verändert, dass ich sogar von Anderen darauf angesprochen werde. Meine Zehen sind in entspannter Haltung jetzt relativ gestreckt und sehen tatsächlich auch entspannt aus. Die trockene Haut meiner Füße ist Vergangenheit. Die Fußpflegecreme, die ich früher ab und an benutzt habe, wird wohl irgendwann aufgrund des Überschreitens des Haltbarkeitdatums rausfliegen. Meine Hornhaut an den Füßen hat sich in Teilen fast ganz zurückgebildet und ist jetzt ersetzt durch eine sogenannte weiche “Lederhaut”. Und mein Großer Zehen ? Auch diesen bringe ich jetzt ganz ohne Anstrengung völlig natürlich auf den Boden. Nur mit der Abrollbewegung, wie sie mir als natürlich dargestellt wurde, klappt es noch nicht so ganz. Noch immer rolle ich mehr über den 2. Zehen als über den Großen Zehen ab – aber auch dies hat sich schon etwas verändert.“

Quelle: http://www.barfusslaufenmitundohne.de/mein-einstieg-ins-barfusslaufen (Leider ist der Blog von Bernd Kaufmann nicht mehr online)

Anmerkung: Die Sache mit dem „Abrollen“ wird recht selbstversträndlich benutzt. Die Frage ist, wie und wann man ÜBERHAUPT mit unseren Füßen abrollen kann, soll, oder muss 😉

Viele Grüße, Stefan Heisel

Barfußlaufen vs Schuheinlagen


Wozu benötigen wir eigentlich Schuheinlagen, Fußbett oder gar Absätze, wo es doch recht eindeutig an der Fähigkeit mangelt, sich als gesunder Mensch so zu bewegen, wozu sich der Körper recht ausgeklügelt nun einmal entwickelt hat?

Bevor wir der Frage genauer auf den Grund gehen verweise ich gerne auf einen kurzen Artikel aus Umwelt-Panorama.de:

[…eine Studie der Universitätsklinik für Orthopädie in Wien, für die mehr als 800 drei- bis sechsjährige Kinder untersucht wurden. Sie ergab, dass 54 Prozent der Dreijährigen einen Knick-Senkfuß hatten, während diese Fehlbildung nur noch bei 26 Prozent der Sechsjährigen auftrat. Nur in einem einzigen Fall war der flache Fuß eines Kindes krankhafter Natur. Allerdings trug jedes zehnte untersuchte Kind Einlagen, obwohl eine gesunde Fußwölbung erst im Laufe der ersten sechs bis zehn Jahre durch Laufen, Rennen und Spielen erworben wird….]

zum ganzen Artikel: http://umwelt-panorama.de/news.php?newsid=160010

Wenn man solche und ähnliche Meldungen (Beispielweise über echte Haltungsschäden bereits bei Kindern) liest, stellt sich die Frage nach Eigenverantwortung. Weder Schuhindustrie noch traditionelle Medizin, auch nicht die Schule incl. Lehrer sind über elementare Dinge wie Bewegung ausreichend im Bilde, obwohl dies einen fundamentalen Bereich unserer Entwicklung darstellt. Nicht ausreichend bedeutet quasi mangelhaft.

Also müssen wir uns selbst darum kümmern, dass es uns bzw. unseren Kindern auch in diesem Bereich möglichst gut geht.

Was das Gehen betrifft, spielt leider nicht nur das Schuhwerk eine tragende Rolle, sondern auch unsere zivilisierte Umwelt mit den ebenen asphaltierten Straßen an sich. Dort wo Fahrzeuge mit runden Rädern prima vorankommen, ist unsere Anatomie langfristig auf verlorenem Posten. Sorgen wir also neben dem richtigen Schuhwerk (wenn es denn sein muss) und der richtigen Motorik auch auf eine körperfreundliche Geh-Umgebung!

Mein Empfehlung geht ganz klar dahin, dass Sie – spätestens wenn die Temperaturen es erträglicher machen – so oft wie möglich wirklich barfuß unterwegs sind. Das heißt gleichzeitig, dass sie raus aus der Stadt sollten und nicht-asphaltierte Wege und Pfade begehen sollten. Ein besseres Training für ihren gesamten Körper gibt es nicht – sofern das Gehen so überhaupt möglich ist!

Gleichzeitig ist es auch ein Test für Sie, inwieweit ihre Gehfähigkeit überhaupt noch richtig funktioniert oder inwieweit sie auf die Prothese „Schuh“ zwingend angewiesen sind.
Wann sind Sie das letzte Mal bei schönem Wetter komplett barfuß durch einen Wald gewandert?

Ich bin mir sicher, dass leider sehr viele Menschen das Barfußgehen außerhalb von gefließten oder mit Teppichen oder Laminat ausgelegten Räumen verlernt haben. Oder liege ich sehr falsch? 🙂

Lassen Sie sich gerne dazu motivieren, am nächsten Tag, der über 15° C und Sonnenschein hat, eine halbe Stunde barfuß durch Wald oder Feld zu gehen und berichten Sie darüber, um mir das Gegenteil zu beweisen. 🙂

In diesem Sinne, auf hoffentlich baldiges wärmeres Wetter!

Mit freundlichen Grüßen, Stefan Heisel

 

Der Barfuß-Professor


Der amerikanische  Professor Daniel Lieberman von der Harvard Universität ist praktizierender Ballenläufer.

In seiner Videodokumentation verdeutlicht er mit Hilfe moderner technischer Messmethoden den Unterschied bei der Belastung im Ballenlauf und Fersenlauf.

So entsteht beim Fersenlauf eine nahezu ungbremste Belastung am Anfang jedes Schrittes, der beim Ballenlauf komplett ausbleibt.

Sehen Sie sich im nun folgenden Kurzfilm vor allem die Zeitlupenverläufe der beiden Laufarten an, lassen Sie es auch mittels Maushalten auch vorwärts und rückwärts sehr langsam laufen.

Vergleichen Sie den  mit  bloßem Auge deutliche sichtbaren Unterschied in der Bewegungsdynamik.

Als Anmerkung sei hinzugefügt, dass der Film sich nur mit dem LAUFEN beschäftigt. Unser BallenGANG lässt sich von der Belastung her darauf übertragen- Allerdings funktioniert das Gehen als Alltagsbewegung und dem damit verbundenen Anforderung und Auswirkung auf die Wirbelsäule etwas anders 😉

Gehen wir etwa falsch?


„Gehen wir möglichweise falsch? Auf eine Weise, die uns nicht gut tut? Oder anders        ausgedrückt, könnte es eine Art des Gehens geben, die uns besser tun würde?

Ballengang-Laufen-HeiselEine kurze Sequenz eines Mickey Mouse Heftes werde ich nie vergessen. Ich  fand  sie eindrucksvoll und wusste gar nicht warum. In der Szene ging es  darum, dass  Indianern ein Verbrechen in die Schuhe geschoben wurde, das in Wirklichkeit  natürlich auf Kater Carlos Kappe ging. Dieser liederlichen List ist Mickey Mouse dadurch auf die Spur gekommen, dass die Fußabdrücke am Tatort niemals von den Indianern stammen konnten. Weil diese, und deshalb könnten sie auch so gut schleichen, beim Gehen zuerst auf dem Ballen auftreten würden. Das ist ja ein Ding, dachte ich. Wie ginge das wohl? Ich versuchte mich im Ballengang und kam nach wenigen Versuchen zu der Erkenntnis, dass das kein Gang für mich sein kann. So stokelig, so ungewohnt, so andersrum.

Vor wenigen Wochen fiel mir dann auf, dass ich auf Socken durch die Wohnung auch etwas seltsam gehe. Um unnötiges Gestampfe zu vermeiden. Sei es, um die Kinder während ihres Mittagsschlafs oder die Frau nach einer Nachtschicht nicht zu wecken, die Nachbarn unter uns nicht unnötig zu belästigen oder auch nur, weil ich es angenehmer finde, nicht laut aufzutreten. Es ging mir auf jeden Fall erst vor kurzem auf, dass ich barfuß oder auf Socken anders gehe, als mit Schuhen.

Und dann lese ich vor einer Woche einen Beitrag, der darauf hinweist, dass ein großer Teil unserer körperlichen und seelischen Probleme daher rühren würden, dass wir falsch gehen. Klingt verrückt, aber für mich nicht verrückt genug, um es nicht gleich auszuprobieren, anders zu gehen. Denn wenn Du mal eben aufstehst, Dir die Finger in die Ohren steckst und ein paar Schritte machst, wirst Du hören, wie Deine Knochen jedes Mal, wenn Du auftrittst, ein Tok machen. Jeder Schritt ein Tok. Jeder Schritt ein winziges Trauma. Dass jedes Mal bei einer der normalsten Sachen der Welt, dem Gehen, unsere Knochenstruktur gestaucht wird, und wenn auch nur ein klitzekleines Bisschen, kann doch nicht gut sein. Und dass viele Kinder Haltungsschwierigkeiten haben und Bandscheibenvorfälle und Rückenprobleme Normalität unter Erwachsenen ab 30 Jahren sind, lässt doch zumindest vermuten, dass irgendwas im Argen liegt. Natürlich kommt die Haltung, das viele Sitzen vorm Computer oder im Auto erschwerend hinzu, aber was, wenn den größten Anteil an der Misere das falsche Gehen hätte?

Auf dem Ballen aufzutreten kommt einem im ersten Moment spanisch vor, aber es ist doch tatsächlich so, dass wir die allermeisten Betätigungen auf zwei Beinen über den Ballen ausführen: Treppensteigen, Tanzen, Rückwärtsgehen, Seitlichgehen, Sprinten, Springen, alles das, was gut tut, alles das, was Aufmerksamkeit erfordert, alles das, was uns zum Teil zu Höchstleistungen anregt. Ist doch merkwürdig, dass es beim Gehen anders sein soll. Neulich hab ich mal in einer Reportage gesehen, dass der aufrechte Gang verantwortlich für die diversen gesundheitlichen Probleme sein soll. Aber vielleicht war die Analyse einfach zu ungenau und nicht der aufrechte Gang an sich, sondern die Art des aufrechten Gangs ist der Knackpunkt. Tok.

Ich fand die Argumentation für den Ballengang so überzeugend, dass ich ihn circa 25 Jahre nach meinem ersten Versuch vor einer Woche noch einmal ausprobieren sollte. Und wieder kam ich mir zu Beginn wie ein Ei auf Stelzen vor. Wie ein Storch, der durch die Wiese stakst. Ich merkte ein leichtes Ziehen in meinen Sehnen und gleichzeitiges partielles Verkrampfen einelner Muskelstränge, die jahrelang eine ruhige Kugel schieben durften. Aber trotzdem machte ich weiter. Während des Gehens jedes Mal auch bewusst zu gehen, war dabei schon eine besondere Erfahrung. Gehen neu zu lernen, wie ein Kind. Ein wenig Übung hatte ich schon in der Umstellung von Altbewährtem, weil ich vor kurzem auch meine Technik verändert habe, das “S” zu sprechen. War früher gezischt, jetzt weitgehend nicht mehr. Bin also als alter Hund auch noch bereit, neue Tricks zu lernen. Und das Ballengehen fällt mir zusehends leichter. Wirkt zwar immer noch etwas staksig, fühlt sich aber im Vergleich viel besser an als der alte Hackengang. Bin also gerade in der Übergangsphase, wo das Neue noch nicht ganz Normalität geworden ist. Du kannst ja auch mal in Dein Herz gehen, um zu erfahren, ob der Ballengang für Dich der Richtige sein könnte. Sage dafür ICH GEHE IN RESONANZ ZUR BEDINGUNGSLOSEN LIEBE, spüre die Wärme, die Weite oder die FREUDE. Anschließend gehst Du in Resonanz zum Hacken-, bzw zum Ballengang. Finde selbst heraus, was sich für Dich besser anfühlt.

Für mich ist der Gang über den Ballen auf jeden Fall der Richtige, auch wenn ich in der Übergangszeit eigenwillig aussehen mag.

…“

Quelle: http://www.du-bist-da.net/spitze-hacke-spitze-hacke/